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Studium

Politik der Öffnung hat sich bewährt

Immer mehr studieren mit einem Hochschulzugang ohne Abitur

Dass berufliche Bildung wertvoll sein und auch allgemeinbildende Schulabschlüsse ersetzen kann – diese Erfahrung durfte der Autor dieser Zeilen im Jahr 1990 machen. Die Tür der Universität öffnete sich, obwohl ich kein Abitur vorweisen konnte. Dafür hatte ich eine Berufsausbildung (Poilzeibeamter) und fünf Jahre Berufserfahrung (Bereitschaftspolizei, Streifendienst), gefordert waren mindestens drei Jahre. Eine nicht allzu schwierige Prüfung in drei Fächern (Deutsch, Mathematik und BWL) und schon hatte ich die Hochschulzugangsberechtigung ohne allgemeine Hochschulreife.

 

Höhere Nachfrage

Bereits in der Weimarer Republik konnte man in Deutschland studieren, ohne zuvor ein Abitur erworben zu haben. In der Bundesrepublik wurde diese Möglichkeit des Hochschulzugangs seit den 1970er Jahren weiter ausgebaut. Bis in die 2000er Jahre gelangten nur wenige Studierende auf diesem Weg in die Hochschule. Dies änderte sich nach 2009 mit einem Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte ohne schulische Studienberechtigung. Mit dem Ausbau des sogenannten Dritten Bildungswegs, das heißt der Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte ohne schulische Studienberechtigung, wurde die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung erhöht. Ziel war es, weitere hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und einen sozialen Ausgleich unterschiedlicher Chancen des Hochschulzugangs zu erreichen.

 

Zuletzt hat sich die Zahl von Studierenden ohne allgemeine Hochschulreife in Bremen rasant nach oben entwickelt. Knackte die Studienanfänger(innen)quote im Vorjahr erstmalig die Zwei-Prozent-Marke, so ist der Anteil aktuell mehr als doppelt so hoch. Die Studierendenquote hat sich sogar verdreifacht. Auch die Entwicklung des Anteils der Hochschulabsolvent(inn)en ohne Abitur weist eine steile Aufwärtsbewegung auf. Einen Trend, den die Zentrale Studienberatung an der Uni Bremen bestätigen kann. „Die Nachfrage hat stark zugenommen“, sagt Leiter Stefan Determann. Er hält die Gleichwertigkeit von beruflicher zu allgemeiner Bildung in diesem Zusammenhang für richtig und gut.

 

Gute Studienerfolge

Wie in den anderen Bundesländern auch sind Meister- und ähnlich hochwertige Fortbildungsabschlüsse der allgemeinen Hochschulreife gleichgestellt. Studierwillige mit diesen Qualifikationen können ihr Studienfach frei wählen. Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung können einen fachgebundenen Hochschulzugang erhalten, sofern sie eine Eignungsprüfung bestehen. Unter besonderen Umständen ist auch ein Probestudium oder die Zulassung mit „Kleiner Matrikel“ zulässig.

 

Die Frage, ob auch ohne eine schulische Studienberechtigung erfolgreich studiert werden kann, lässt sich laut Experten bejahen. Sowohl hinsichtlich der Abschluss- und Schwundquoten als auch der Abschlussnoten sind beruflich qualifizierte Studierende ohne Abitur oder Fachhochschulreife ähnlich erfolgreich wie andere Studierende. Angesichts der stark gestiegenen von nicht-traditionellen Studienanfänger/innen besteht also kein Anlass, die Politik der Öffnung gegenüber dieser neuen Zielgruppe in Frage zu stellen.