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Mehr Personal für die Schulen!

Stellungnahme der GEW zum Haushaltsentwurf

Unterrichtsausfall: "Durchwursteln" statt Bedarfsdeckung
Die Proteste vor der Bürgerschaftswahl gegen den hohen Unterrichtsausfall und die einhellig festgestellte unzureichend personelle Ausstattung der Inklusion haben bewirkt, dass die neue Landesregierung 200 zusätzliche Lehrkräfte für Bremen und Bremerhaven versprochen hat. Laut Eckwertebeschluss des Senats vom 28.09.2015 sollen 80 davon aus einem "Flexibilisierungskonto" finanziert werden. Das bedeutet, dass sich das Bildungsressort verpflichtet, diese Stellen an anderer Stelle wieder einzusparen. Die 200 Stellen teilen sich laut Eckwertebeschluss des Senats folgendermaßen auf: 105 für die Unterrichtsvertretung, 15 für die Ganztagsschule, 34 für die Mathe-Förderung, 20 für die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren, 26 für die Inklusion.

Im Ergebnis dieser Beschlüsse wird im Produktplan 21.01 (öffentliche Schulen der Stadtgemeinde Bremen) die Beschäftigtenzielzahl von 4611,2 (2015) auf 4717,7 (2016), d.h. um 106,5 Stellen erhöht. Wie die Zuweisung für Bremerhaven kommunal umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Statt die Grundausstattung der Schulen zu verbessern, wird die Mehrheit der Stellen für kurzfristige Unterrichtsvertretung vorgesehen. Diese findet in Bremen befristet und in Leiharbeit durch den Verein "Stadtteilschule" statt. Die über 500 eingesetzten Vertretungs- und Vorkurslehrkräfte haben zum großen Teil keine abgeschlossene Ausbildung. Statt dieser Flickschusterei ist dringend ein Ausbau der Lehrer*innenausbildung notwendig. Eine Aufstockung der Ausbildungskapazitäten (mehr Referendare) am Landesinstitut für Schule (LIS) ist jedoch nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Dort wird weiterhin gekürzt. Man will sich "durchwursteln" statt Notwendigkeiten abzusichern!

Höchster Inklusionsanteil und eine der schlechtesten Schüler/Lehrer-Relationen: Ein Widerspruch zu Lasten der Schüler*innen und Lehrkräfte
Der Anteil der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der inklusiv beschult wird, liegt in Bremen bei 68,5%. Im Bundesdurchschnitt liegt er bei 31,4%. Bremen liegt im Ländervergleich weit vorn. Aber zugleich hat Bremen eine der schlechtesten Schüler/Lehrer-Relationen: Nach der jüngsten im Dezember 2015 erschienenen KMK-Dokumentation Nr. 209 betrug sie 2014 in den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen 15,3 Schüler je Lehrer. Im Bundesdurchschnitt betrug sie 14,7. In den beiden anderen Stadtstaaten, die wie Bremen aufgrund ihrer besonderen Bedingungen immer gesondert betrachtet werden müssen, lag sie weit günstiger: Hamburg 14,1 und Berlin 13,8.
Das bedeutet für den Nachholbedarf Bremens mit derzeit 5869 Lehrer*innen (Land):
plus 239 Stellen um den Bundesdurchschnitt (einschl. der Flächenstaaten) zu erreichen;
plus 499 Stellen um das Niveau von Hamburg zu erreichen;
plus 637 Stellen um mit Berlin aufzuschließen.

Bremens mangelhafte Ausstattung der öffentlichen Schulen wirkt sich besonders stark im personalintensiven Bereich der inklusiven Beschulung aus. Die Klassen, in denen inklusiv gearbeitet wird, sind zu groß und es fehlt an sonderpädagogischer Stundenzuweisung. Nach den Erfahrungen der ersten fünf Jahre sind ca. 4 Stunden an sonderpädagogischer Förderung für 10% der Schülerschaft notwendig. Gegenüber dem bisher nach dem Gutachten von Klemm/Preuß-Lausitz angewandten Schlüssel von 3,7 Stunden sonderpädagogischer Förderung für 6.5% der Schülerschaft bedeutet dies allein in der Stadtgemeinde Bremen für die inklusive Beschulung einen Mehrbedarf von 214 Stellen (589 statt 375). Siehe hierzu auch die „Forderungen der GEW Bremen zur Inklusion“ (in diesem Heft auf auf S. 18).

Die Flüchtlingsintegration kann nicht warten: Ein Nachtragshaushalt kommt zu spät!
In den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen Bremens werden im Schuljahr 2016/17 nach dem Besuch der Vorkurse über 2500 Kinder und Jugendliche in die regulären Klassen gehen. Für diese Schüler*innen sind ca. 200 zusätzliche Lehrkräfte und ca. 33 Sozialpädagog*innen nötig. Eine entsprechende Berechnung für Bremerhaven hat der dortige Schulausschuss bereits vorgelegt.

Werden diese Fachkräfte nicht eingestellt, verschärft dies die schon jetzt bestehende Unterversorgung der Schulen. Dies ist integrations- und bildungspolitisch nicht zu verantworten!

Der Bremer Senat hat richtigerweise gegenüber dem Sanierungsbeirat in Berlin geltend gemacht, dass die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen besondere Belastungen darstellen, für die der Bund aufkommen muss, und dazu- wenn die Bundesmittel zu gering ausfallen - neue Kredite aufgenommen werden müssen. Aber diese Entscheidung käme für die Schulen zu spät. Die zusätzlichen Lehrkräfte werden im Sommer 2016 gebraucht. Eine diese Stellen frei gebende Haushaltsregelung muss daher im Vorgriff auf die Verhandlungen mit dem Bund greifen!

 

Diese Stellungnahme wurde auf der Deputationssitzung am 08.04.2016 verteilt. Die Zahlen zum Inklusionsbedarf sind gegenüber der verteilten Fassung auf Basis des aktuellen Soll/Ist korrigiert. Die Beschlussfassung über eine „Landeszuweisungsrichtlinie“ wurde verschoben. Eine Stellungnahme hierzu erfolgt später.