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Kongress der National Union of Teachers

Ein Bericht aus Cardiff

Louise Regan ist neue Präsidentin der NUT. Foto: Kois Miah

Chancengerechtigkeit, Forderungen gegen Privatisierungen, Kampf gegen hohe Arbeitsbelastungen und der Einsatz für die "Black Teachers" bestimmten den Kongress der National Union of Teachers (NUT) in Cardiff.

Neben den Delegierten aus den verschiedenen Landesteilen Großbritanniens waren auch Vertreter von Bildungsgewerkschaften "from overseas" aus Amerika, Kuba, Palästina, Kurdistan und Irak sowie aus Afrika über Ostern der Einladung zum Kongress der britischen LehrerInnengewerkschaft NUT gefolgt.

Viele Lehrkräfte wechseln nach wenigen Jahren den Beruf 

In dem Vorreiterland des europäischen Neoliberalismus wird deutlich, was es bedeutet, wenn im Bildungswesen auf den Rückzug des Staates gesetzt wird. So berichteten die Kolleginnen und Kollegen von maroden Schulgebäuden und vielen Privatisierungen im Bildungswesen. Hinzu kommt eine hohe Arbeitsbelastung bei den Lehrkräften, die viele junge Kolleginnen und Kollegen veranlass, nach 4 - 6 Jahren das Handtuch zu schmeißen und einen anderen Job zu suchen. Laut Statistik sind das fast 50 Prozent. Eine ähnliche Situation kennt man in Deutschland bei den Erzieherinnen und Erzieher. Daher war klar, dass es beim Kongress der NUT nicht nur um mehr Lohn sondern auch um die Reduzierung der Arbeitsbelastung bei den Lehrkräften ging. Viel Beifall ernteten besonders die Kolleginnen und Kollegen, die mit eigenen Erfahrungsberichten den Kontext zu den Anträgen herstellten. Die auch hierzulande bekannte Testeritis und Dokumentationspflicht erzürnte die britischen Kolleginnen und Kollegen. Sätze wie "Wir unterrichten nicht mehr, wir machen social engineering!" oder "Wir brauchen ein Bildungssystem, in dem es Spaß macht, zu unterrichten und zu lernen!" brachten es auf den Punkt.

Verbesserung der Situation schwarzer Lehrkräfte 

In Zeiten des Brexits bestand große Einigkeit auch in der Frage des eigenen Zusammenhalts. Als der Antrag der Kolleginnen und Kollegen aus Wales aufgerufen wurde, dieser Gliederung Sonderrechte zu gewähren, war die Antwort eindeutig: "We are one nation, we are one union!" traf ein Delegierter die Stimmung. So schätzten auch viele Delegierte ein, dass das letzte Wort beim Brexit noch nicht gesprochen ist. Besonders beeindruckend war die Debatte zu einem Antrag, wie vor 25 Jahren mit einem Kongress und einer Kampagne die Situation der "Black Teachers" wieder in die öffentliche Debatte zu bringen und damit zur Verbesserung ihrer Situation beizutragen soll. Eine Kollegin schilderte dazu sehr anschaulich ein Erlebnis, wie Vorurteile wirken und sie allein aufgrund ihres Aussehens von Eltern und Politikern nicht als vollwertige Lehrkraft anerkannt wird.

Unterstützung für die Labour Party 

Anders als bei Gewerkschaftstagen in Deutschland sprach hier von den Parteien nur ein Vertreter von Labour. Der Shadow Chancelor einer zukünftigen Regierung Corbyn erfuhr viel Zustimmung, nachdem er das Regierungsprogramm einer Labour-Regierung unter Corbyn ab 2020 vorstellte. Dies wäre eine Kehrtwende zum bisherigen neoliberalen Kurs. Durch die Übernahme von gewerkschaftlichen Positionen bekam er viel Zustimmung. Die Beendigung der Privatisierungen und der Vernachlässigung der öffentlichen Daseinsvorsorge war ein wesentlicher Punkt, ebenso Verbesserungen im Bildungswesen. Ob dies alles in die Tat umgesetzt wird, bleibt wie immer abzuwarten. Interessant war aber, dass Labour mit Jeremy Corbyn bereits drei Jahre vor dem regulären Wahltermin 2020 ein konkretes Programm hat für mehr soziale Gerechtigkeit, anders als manche Kanzlerkandidaten in Deutschland. Ob der noch während des Gewerkschaftstages in Cardiff kurzfristig anberaumte Wahltermin im Juni schon zu einem Regierungswechsel führt, ist offen.

Internationaler Austausch 

Besondere Aufmerksamkeit bekamen bei diesem Kongress der NUT die Gäste aus Palästina und Kuba. Sind es in Palästina die schwierigen Arbeitsbedingungen unter denen Schule stattfindet, so sind es in Kuba die Folgen des Embargos, das auch nach dem Besuch Obamas weiter gilt. Der Austausch mit den anderen internationalen Gästen wie z. B. aus den USA war natürlich von besonderem Interesse nach dem Wechsel im Präsidentenamt. Danach genießt Trump bei den gewerkschaftlich organisierten Lehrkräften wenig Vertrauen. Vielmehr gibt es große Befürchtungen vor negativen Auswirkungen auf das ohnehin schon desolate, öffentliche Schulwesen in den USA.