Kritik an der Leistungsfähigkeit der Jugend hat eine lange Tradition: Schriftlich lasse sie sich bis in die Zeit der Sumerer zurückverfolgen, schreiben Rolf Dobischat, Gertrud Kühnlein und Robert Schurgatz. Die Bildungsforscher von der Universität Duisburg-Essen und der Sozialforschungsstelle Dortmund haben im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht, wie Klagen über die mangelnde Ausbildungsreife Jugendlicher aus Sicht der empirischen Forschung zu beurteilen sind.* Ihr Ergebnis: Es gibt keine stichhaltigen Belege für ein generell nachlassendes Qualifikationsniveau.
Das Thema Ausbildungsreife hatte in den vergangenen Jahren vor allem wegen der Situation am Lehrstellenmarkt Konjunktur. Ein erheblicher Teil der Jugendlichen findet nach der Schule keinen Ausbildungsplatz, sondern kommt zunächst im beruflichen Übergangssystem unter. Das sind Maßnahmen von Beruflichen Schulen oder der Bundesagentur für Arbeit (BA), deren Teilnehmer sich qualifizieren, aber keinen Berufsabschluss erwerben können. Zugleich hat die PISA-Studie Zweifel an den Fähigkeiten deutscher Schüler geweckt. Zwischen beiden Phänomenen wird häufig ein Zusammenhang unterstellt: Probleme beim Übergang zwischen Schule und Berufsausbildung wären demnach in erster Linie auf Defizite der Bewerber zurückzuführen.
Online-Befragungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) scheinen diesen Zusammenhang zu bestätigen. Laut der DIHK-Umfrage von 2011 haben 46 Prozent der Unternehmen mit „Ausbildungshemmnissen“ zu kämpfen. Als häufigsten Grund nennen sie einen Mangel an geeigneten Bewerbern. Wenn in der Öffentlichkeit von fehlender Ausbildungsreife die Rede ist, gelten die DIHK-Ergebnisse als wichtige Referenz.
