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Grundschularbeit = Sozialarbeit

Grundschule-Grundlagen Ein wenig abgedroschen kommt es mir schon vor: Wenn es um das soziale Miteinander und die sozialen Probleme von Schulkindern und Jugendlichen geht, dann wird in den ersten Jahren der Grundstein gelegt. Erste Jahre heißt von 0-6, also von uns Grundschullehrkräften aus gesehen, die Vorschulzeit des Elternhauses und die KITA-Zeit, wenn diese in Anspruch genommen wird.

Diese Banalität wird täglich in allen Medien verbreitet und von keinem angezweifelt, manche bezeichnen die Zeit sogar als entscheidend. Grundlegend heißt, dass alle Versäumnisse dieser Jahre später nur schwer und mit hohem Aufwand, wenn überhaupt, korrigiert werden können. Dass das dann teurer wird als eine frühe Förderung, leuchtet auch ein. Nur verbale Anerkennung und politische Taten klaffen auch hier gewaltig auseinander. Die unsinnige Trennung von Sozialressort und Bildung tut in Bremen ihr übriges dazu. Krippenplätze und Kita-Plätze müssten in ausreichender Zahl und mit entsprechendem Personal ausgestattet sein. Das ist schon mal nicht gewährleistet.

Politiker-Mund

Gut bezahlt sollte das natürlich auch sein, denn wie lautet es regelmäßig aus Politikermunde: Kinder sind unser höchstes Gut, manchmal auch Kapital, auf jeden Fall unsere Zukunft; wer in Kinder investiert sichert die Zukunft usw. Getan wird dies jedoch nicht, die Bildungsberichte und Armutsberichte in Bremen füllen inzwischen diverse Bände und mit dem Papier könnten wir die Bildungs-und Sozialbehörde sicher gut tapezieren. Ich behaupte, dass die Politik versagt hat. Zusätzlich dramatisiert wird die Situation dadurch, dass in den letzten Jahren die Bildungskultur, die Freizeitkultur, im wesentlichen durch moderne Medien geprägt , auf ein Niveau abgesunken ist, dass z.B. „Werte“ wie Freiheit oder Gemeinschaft als käuflich und durch diverse Apps downloadbar in den Händen der Mobiltelefon besitzenden Schülerschaft zu Werbefloskeln degradiert wurden. Flatrate heißt die Freiheit, gemeinsam vor der Breitbandglotze das ist die soziale Gemeinschaft. Individualisierung heißt auch vermehrt die Aufteilung in Winner und Loser. Mal angenommen die Politik hätte in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet, dann hätten sie die Probleme doch minimieren können, sie sind aber immer größer geworden, zwischen arm und reich, demokratisch und „alternativlos“,zwischen gebildet und ungebildet, verniedlichend auch bildungsnah und bildungsfern genannt, zwischen Sprachbeherrschung und Stammelei, zwischen Grobmotorikern und Feinmotorikern.

Versäumnisse

Warnungen der Profis aus Schule und Kita wurden seit 15 Jahren nicht ernst genommen, Erfahrungen mit Integration und Sprache, mit Migration und Religion in bestimmten Brennpunktgebieten der Stadt nicht ausgewertet geschweige denn als Probleme anerkannt und gelöst. Jetzt kann das Problem, welches natürlich durch alle Untersuchungen und Tests nur bestätigt wird, so Hopplahopp durch die vorhandenen Kräfte nicht beseitigt werden. Migrationsbeauftragte (2013!), Uniuntersuchung Migration und Sprache, Vernetzung von Lehrkräften mit Migrationshintergrund(2013!), Rebuzze und ZuPs schießen wie Pilze aus dem Boden. Nur mal so nebenbei erwähnt: Unsere Grundschule hat ein halbes Jahr nach Einführung der Integration der FÖZ ein Schreiben an die Behörde geschickt, dass wir die Verantwortung für die mangelnde Förderung der Kinder bei den schon damaligen schlechten Ressourcen ablehnen und um Verdoppelung gebeten. 1998! Bekommen haben wir nichts!

Und Aktuell?

Jetzt tauchen offenbar vermehrt Kinder auf, an denen der Anspruch nur das Positive zu sehen, sehr schwer zu verwirklichen ist, denn einige gefährden sich und die anderen Kinder und können, wenn überhaupt beschulbar, nur in Einzelbetreuung im Klassenraum „gefördert“ werden. Diese bräuchten in erster Linie eine psychologische Betreuung schon vor der Einschulung, um sie für die Schule fit zu machen. (Fritz-Gansberg als exklusive Beschulungsstätte lehnen wir ab.) Natürlich sind die Schulen für jede zusätzliche Kraft dankbar, weil sie unterstützend ist, man ist nicht ständig allein und kann vielleicht durchatmen.

Unterstützung bitte!

Welche Rolle bei diesen Problemen das Rebuz spielen kann, bleibt für uns abzuwarten. Nur als Beratungsstelle zu fungieren wird den meisten der betroffenen Lehrkräften nicht weiterhelfen. Wir wüssten was zu tun ist, können es aber selbst und ohne z.B. Doppelbesetzung, ausreichende Förderlehrkräfte mit ausreichenden Stunden nicht leisten. Und hier greift Schulsozialarbeit, wenn sie denn unterstützend sein kann, wenn die Beteiligten in Teams der Klassen und Gruppen über die Kinder und ihre Bedarfe sprechen können. Und dann Maßnahmen eingeleitet werden. Auch dafür fehlt aber die Zeit. Supervision? Außerhalb der Arbeitszeit! Natürlich wollen wir die Festeinstellung von SozialarbeiterInnen, aber wir brauchen auch PsychologInnen, SozialpädagogInnen, Therapeuten, mehr pädagogische MitarbeiterInnen etc.

Verheerende Folgen

Nimmt man auf diese Erfordernisse für professionelle Arbeit schon in der Kita und Grundschule keine Rücksicht, dann kann die Politik mit verstärktem Ausfall durch Krankheiten und Überlastungen sowie sinkendem Bildungsniveau rechnen. (Burn out trifft immer die Anderen?) Und die Schuldenbremse als Argument für mangelnde Ausgaben für unser „höchstes Gut“, das ist kläglich. Da nützen uns Frau Quante-Brandts Durchhalteparolen wie diese auch nichts: „Selbst wenn wir immer den Spagat zwischen dem finanziell Machbaren und dem pädagogisch Sinnvollen versuchen müssen, dürfen wir unsere Vorstellungen von guter Bildung für alle nicht beiseitelegen.“ (Schule Aktuell 1/13,S.3) Als Sportlehrer an der Grundschule behalte ich selbstverständlich meine Vorstellungen gern, bin aber an dem Spagat nicht interessiert. Und die meisten können und wollen ihn gar nicht.

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
Adresse Bahnhofsplatz 22-28
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