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Gesamtkonferenzen - zwischen Verordnungsmentalität und Basisdemokratie

Gelingende Kommunikation und basisdemokratische Regeln auf Gesamtkonferenzen (GK) erhalten und erhöhen die Zufriedenheit des Kollegiums. Missverständnisse, Ärger und Zeitverluste kommen so selten oder gar nicht vor. Es kommt zu verbindlichen Entscheidungen über Unterrichtsinhalte und Qualitätsentwicklung – so weit das Ideal, oft zitiert in "Sonntagsreden".

In der Realität sieht es aber oft anders aus – auch an Bremer und Bremerhavener Schulen. Die Liste der Mängel ist lang: Zum Beispiel binden Schulleitungen die Kollegien oft nicht in Entscheidungsprozesse ein, wichtige Themen werden nicht auf die Tagesordnung gesetzt oder es besteht keine Augenhöhe zwischen den Beteiligten der GK. Probleme entstehen auch dann, wenn Schulleitungen die Konferenzen selbst moderieren. Das kann dann schnell zu einer Verordnungsmentalität führen, die innerschulische Willensbildungsprozesse für störend und hinderlich hält.

Kemal Diskaya hält an seiner Schule "den Austausch zwischen Schulleitung und Kollegium im Großen und Ganzen für demokratisch, vor allem seit die Konferenzleitung nicht mehr von der Schulleitung übernommen wird." Er moderiert die GK an der Allgemeinen Berufsschule seit drei Jahren. "Allerdings scheuen sich viele vor Kollegium und Schulleitung ihre Meinungen kund zu tun. Sie befürchten Nachteile", so seine Erfahrungswerte. "Ihre Sorgen, Ängste und Probleme besprechen sie lieber und deutlicher im Personalausschuss", in dem der Lehrer einer Berufsfeldorientierungsklasse mehrere Jahre Mitglied war.
Diskaya kritisiert aber auch den engen zeitlichen Rahmen der GK. "Manche kommen mit ihren Themen und Redebeiträgen in den zwei Stunden einfach nicht mehr zu Wort, obwohl sie von Interesse sind." Auf Antrag ist eine Verlängerung um eine Stunde möglich, aber dazu kommt es höchst selten. Was mit den strittigen, brisanten Themen, die nicht mehr in den oft engen Zeitplan passen, passiert, steht im Bremer Schulverwaltungsgesetz (BremSchVwG). Nach § 36 Absatz 3 "entscheidet die Schulleitung, soweit die Gesamtkonferenz von ihrem Recht zur Entscheidung nicht Gebrauch gemacht hat." Und dies ist nicht immer im Sinne der Kollegien.
Damit die GK zeit- und inhaltlich noch besser vorbereitet werden kann, wünscht sich Diskaya "mehr Zeit im Vorfeld der Gk. Das wäre hilfreich. Die Themenvorschläge kommen oft zu spät und/oder ohne ausreichende Begründung. Dann muss, ohne fundiert in der Materie zu sein, oft oberflächlich entschieden werden, ob es zu einem Tagesordnungspunkt reicht oder nicht."
Auch am Schulzentrum Grenzstraße müssen alle Themen der GK in zwei Stunden diskutiert werden. "Um gar nicht erst in Zeitnot zu kommen, versuchen wir die Tagesordnung so zusammenzustellen, dass sie nicht überfracht wird", sagt Ilka Langenberg, eine von drei Kollegen der GK-Leitung. Die für zwei Jahre gewählte Kollegin schätzt in der Vorbereitung der GK den Austausch und die gute Zusammenarbeit in der erweiterten Schulleitungssitzung. Da werden, um die GK nicht ausufern zu lassen, schon mal Themenvorschläge vertagt oder an andere Gremien weitergeleitet. Langenberg: "Das gilt insbesondere bei personenbezogenen Themen."
Ein Problem bei vielen Gesamtkonferenzen in den verschiedenen Schulen ist die späte Anfangszeit. Häufig ist der Beginn erst um 15 Uhr oder sogar später. Kemal Diskaya von der ABS schlägt vor, die GK schon nach der vierten Unterrichtstunde beginnen zu lassen. "Nach einem langen Tag an der Schule haken manche Kolleginnen und Kollegen bei Themen, die kurz vor dem Ende der Konferenzzeit diskutiert werden, nicht mehr so intensiv nach. Früher am Tag wäre man ganz anders bei der Sache", ist sich Diskaya sicher. "Kurz vor Ende der GK, bei uns um 17 Uhr, spürt man die steigende Unruhe im Kollegenkreis. Da bleibt sicher der eine oder andere Redebeitrag ungesagt, weil er kaum noch wahrgenommen werden würde."

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
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