Wir tun etwas dagegen: integrative Beschulung seit über 25 Jahren mit multiprofessioneller Teamarbeit, Entwicklung zur gebundenen Ganztagsschule, intensive Zusammenarbeit mit KITAS, umfangreiche schulinterne Fortbildung zu Entwicklungspädagogik, Classroom- Management, Bindung, Sprachbildung usw., guter Austausch im Kollegium, Förder- und Forderkonzepte, Sozialarbeit …
Aber es reicht nicht!
Sind unsere Kinder dümmer als andere?
Nein! Nur die Ausgangslage ist fundamental schlechter als die vieler anderer Kinder. Sie haben Entwicklungsschritte auf- und nachzuholen, die wir am Beginn der Schulzeit üblicher Weise als selbstverständlich voraussetzen. Sie brauchen Versorger, Ankerpunkte, Erklärer, Erzähler, Wegzeiger, Sprachvorbilder, Mutmacher, Strukturierer und Grenzsetzer– viel mehr als Andere.
Und sie brauchen – in allen Bereichen - nicht nur Betreuung oder Aufsicht, sondern Hände, Ohren, Augen, Bindung, Verlässlichkeit, Konsistenz, um die nächsten Entwicklungsschritte machen zu können. Menschen, die diese Aufgaben übernehmen, in zuverlässigen Beziehungsrahmen, mit hoher Kompetenz und ausgestattet mit einer zeitlichen Ressource, die individuelle Ansprache und Förderung zulässt.
Sie brauchen also mehr Menschen, viel mehr.
Kein differenziertes Arbeitsmaterial, kein ansprechendes digitales Lernprogramm und kein ausgeklügeltes System der Bewertung kann diese personelle Ressource ersetzen.
Konkret: Wir können nicht davon ausgehen, dass Schüler X sich in Ruhe und angemessen und selbständig mit seinen Aufgaben beschäftigt, während wir mit Schüler Y in den Anfängen des Leselehrgangs stecken, dass Schülerin A an ihrem Tisch der Mitschülerin B bei der Formulierung ihrer Geschichte behilflich sein kann., dass Gruppe C es aushält ruhig zu bleiben, während wir mit Gruppe D ein mathematisches Problem mit Materialeinsatz aufarbeiten.
Das erleben wir täglich, im Unterricht, aber auch außerhalb, in Pausen, beim Essen, auf Wegen, in Freizeitangeboten. Sehr viele Kinder unserer Schule sind noch weit entfernt davon, ihr Lernen und Handeln selbstverantwortlich und unabhängig von einer begleitenden Person gestalten zu können. Eine solche Kompetenz ist unser Ziel. Dafür brauchen wir verlässliche, kontinuierliche und sachkundige Begleitung.
Und Zeit! Wir schieben die Inhalte des Unterrichts nach hinten, weil wir Basiskompetenzen im Sozialverhalten trainieren, weil wir grundlegende Sprachstrukturen erarbeiten müssen, weil wir einfachstes Sach- und Weltwissen vermitteln müssen. Am Ende der Grundschulzeit sind wir vielfach noch lange nicht so weit, wie wir laut Lehrplan eigentlich sein müssten.
Die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind vor diesem Hintergrund die Spitze des Eisberges. Ihr Unterstützungsbedarf ist am augenfälligsten. Aber das Bild vom Eisberg stimmt: Nicht nur einzelne Schülerinnen und Schüler haben einen Sonderbedarf – unsere Schule insgesamt hat einen besonderen Bedarf!
In allen Bereichen: in und außerhalb des Unterrichts, in der Sozialarbeit, in der Versorgung mit sonderpädagogischer Förderung.
Nicht zuletzt: auch im Hinblick auf die Belastung der Kolleginnen und Kollegen. Die Belastungsgrenze ist überschritten!
Was brauchen wir dringend?
- eine durchgängige Doppelbesetzung im Unterricht
- eine gesicherte Vollversorgung aller Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allen Klassen und jederzeit
- in allen nicht- unterrichtlichen Zeiten eine feste Besetzung jeder Klasse mit einer Pädagogischen Mitarbeiterin
- die Möglichkeit, zumindest für einen Teil der SuS die Schulbesuchszeit auf 5 Schuljahre zu erweitern
- mindestens eine volle Sozialarbeiterstelle
- eine Senkung des Stundedeputats um eine Stunde für alle Lehrerinnen und Lehrer als Ausgleich für überdurchschnittlich hohe Arbeitsanforderungen an Differenzierung, Elternarbeit, Teamarbeit usw.