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Arbeitszeit

„Frauen werden unter Druck gesetzt“

Schwangerschaft in der Schule

Foto: Colourbox.de

Der Fachkräftemangel in den Schulen zeigt sich auch im Falle einer Schwangerschaft und wirkt sich nicht nur für die jeweilige Kollegin teilweise gravierend auf die Bewältigung des Schulalltags aus. Die Vertretungsreserve ist dünn oder nicht vorhanden, anfallende Aufgaben gehen zu Lasten des Kollegiums. Wenn sich die Senatorin dann noch negativ über die gestiegene Anzahl von Kolleginnen mit Kinderwunsch äußert, wird hier die Verantwortung für die Situation im Bildungssystem den Falschen zugeschoben.

Frauen werden durch solche Formulierungen unter Druck gesetzt und ihnen wird ein schlechtes Gewissen gemacht. Aufgrund des Fachkräftemangels reagieren häufig nicht nur Schulleitungen angespannt auf die Nachricht einer Schwangerschaft, sondern auch Kolleg*innen, die befürchten, jetzt wieder mehr Aufgaben übernehmen zu müssen – und sogar Eltern, die wieder Unterrichtsausfälle voraussehen:

“Als ich meine erste Schwangerschaft bekannt gab, fragte mich ein Elternpaar, ob ich mit der Kinderplanung nicht hätte warten können, bis die Klasse die Sek I durchlaufen hat! Glücklicherweise haben sich beide später für ihre Äußerungen entschuldigt und ich hatte danach sowohl mit den Eltern als auch mit der Schulleitung und dem Kollegium eine gute Zusammenarbeit. Meine Klasse war sehr aufgeregt und hat mich rührend in den Mutterschutz verabschiedet."

Jahrzehntelang gab es diese Probleme nicht. Durch die veränderte Situation, dass seit einigen Jahren wieder viele junge Frauen eingestellt werden, für die genau jetzt die richtige Zeit für ihre Familienplanung ist, findet dieses Thema derzeit wieder stärkere Beachtung, die auch zur Erarbeitung guter  Instrumente führte, wie zum Beispiel der Gefährdungsbeurteilung zum Schutze der werdenden Mütter und umfangreichen Informationen der Behörde sowohl für Schulleitungen als auch für die Kolleginnen. Trotz dieser positiven Errungenschaften bleiben noch viele Fragen offen. Unser Anliegen ist, dass sich die positiven Beispiele vieler Schulleitungen und Kollegien, die mit individuellen Maßnahmen die Arbeit der werdenden Mütter unterstützen, flächendeckend ausbreiten und dass sich eine wertschätzende Haltung durchsetzt. Schwangere sollen sich an Schulen willkommen und unterstützt fühlen. Das geht natürlich nur mit einer angemessenen Vertretungsreserve, so dass die vereinbarten Maßnahmen für die Schwangere nicht zu Lasten des Kollegiums gehen. Damit ließe sich zusätzlicher Druck für alle Beteiligten vermeiden.

Hier ein paar Beispiele für immer wiederkehrende Anfragen:

Wann sag ich‘s meiner Schulleitung?

Die Empfehlung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend lautet, die Schulleitung möglichst früh über eine Schwangerschaft zu informieren. Nur so kann ein wirkungsvoller Mutterschutz gewährleistet werden. Aber letztendlich entscheidet die werdende Mutter über den Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft. Sie kann darum bitten, dass diese Information zunächst vertraulich behandelt wird. Sowie die Schwangerschaft gemeldet wurde, muss eine Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Sie ist ein entscheidendes Instrument zum Schutz und zur Vermeidung von Gefahren für die Schwangere am Arbeitsplatz. Deshalb ist es wichtig hier genau hinzuschauen und nicht aus Bescheidenheit oder falsch verstandener Loyalität und Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Schule und den Schüler*innen auf Rechte und Schutzmaßnahmen zu verzichten.

„Ich bin doch nicht krank, ich bin doch nur schwanger.“

Diesen Satz hören wir immer wieder. Jede Schwangerschaft ist individuell. Entscheidend ist, dass die Frauen über ihre Rechte Bescheid wissen und diese ohne schlechtes Gewissen bei Bedarf einfordern können. Dazu gehören z.B. folgende Maßnahmen: nicht mehr als 8,5 Stunden Arbeit am Tag, kein Einsatz nach 20 Uhr, keine Hofaufsichten, keine Klassenfahrten oder Arbeit mit stark verhaltensauffälligen Schüler*innen. Wichtig ist in jedem Fall eine gute Kommunikation mit der Schulleitung und dem jeweiligen Team. Ist beispielsweise eine Klassenfahrt geplant und die Kollegin sagt ihre Begleitung zu Beginn ihrer Schwangerschaft zu, sollte trotzdem eine Vertretung als Plan B mitgedacht werden. Im Falle einer späteren Absage wegen veränderter Bedingungen in der fortgeschrittenen Schwangerschaft würden dann keine unnötigen Komplikationen entstehen und die betreffende Kollegin geriete nicht in einen Gewissenskonflikt, ob sie eine Absage verantworten könne oder sich und ihr Kind möglicherweise wider besseres Wissen dem Risiko einer Schulfahrt aussetzen solle. 

Schwanger während der Probezeit?

Das ist gar kein Problem. Die Probezeit wird lediglich um die Fehlzeiten durch Mutterschutz und Elternzeit verlängert. Hier kann es gegebenenfalls sinnvoll sein, anstehende Gutachten etwas vorzuziehen. Gleiches gilt für Schwangerschaften während des Referendariats. Wenn Frau Bogedan mit der Aussage, dass auf die Festanstellung häufig die Schwangerschaft und darauf schnell eine Krankschreibung folgt, den Fachkräftemangel begründet, so ist das schlichtweg falsch. Abgesehen davon, dass die extreme Verjüngung der Kollegien die Folge der verfehlten Einstellungspolitik der letzten 30 Jahre ist, gibt es nur wenige Beschäftigungsverbote für Schwangere.  Viele Schwangerschaften verlaufen entspannt und die meisten Kolleginnen können und wollen ihrer Arbeit bis zum Mutterschutz nachgehen. Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen müssen dafür so angepasst werden, dass die Gesundheit von Mutter und Kind nicht gefährdet ist. Dafür sind häufig nur kleine Veränderungen nötig. Schwangerschaft ist kein Problem und sollte auch nicht als solches betrachtet werden. Entsprechende Rahmenbedingungen in den Schulen müssen geschaffen, zusätzliche Maßnahmen  ergriffen sowie eine entsprechende personelle Ausstattung  zur Verfügung gestellt werden.

Dafür werden wir uns weiter einsetzen. Die Frauenbeauftragten und der Personalrat beraten und unterstützen bei allen Fragen zu Schwangerschaft und Mutterschutz in Schule.