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DGB

Ein Berg an unbezahlten Überstunden

DGB-Ausbildungsreport: Immer mehr Berufsanfänger*innen sind unzufrieden

Es gibt mehr freie Ausbildungsplätze als junge Menschen, die eine Lehrstelle suchen. Doch immer wieder bleiben Plätze unbesetzt. Das könnte auch an den nicht immer angenehmen Arbeitsbedingungen liegen.
„Obwohl minderjährig, arbeite ich oft zwölf Tage am Stück, drei Sonntage im Monat und auch an Feiertagen“, beschwert sich eine angehende Hotelfachfrau im Online-forum  „Dr. Azubi“. Eine andere berichtet aus ihrer Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin, dass sie „viermal am Tag Kundentoiletten samt Kloschüssel und Pissoire putzen muss“. Dass sie keine Ausnahmen sind, beweist der neue Ausbildungsreport, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) veröffentlicht hat. Der Anteil der Zufriedenen erstmals unter der Marke von 70 Prozent. Vor zehn Jahren waren es noch 75,5 Prozent. Die Ausbildung ist zunehmend weniger begehrt. Nur 497.000 junge Leute gaben an, eine Lehrstelle zu suchen. Das sind 24.000 weniger als vor Beginn des vorigen Ausbildungsjahres. Das Problem liegt im Detail, genauer gesagt an bestimmten Berufen: Kaum jemand will Bäcker werden. Oder Fleischer. Oder Klempner.

Überlastungssymtome

Mehr als ein Drittel der für eine Studie befragten Auszubildenden muss regelmäßig Überstunden machen.
Fast 13 Prozent bekommen demnach für die Überstunden weder eine Vergütung noch einen Freizeitausgleich.
Das sei ein „klarer Verstoß gegen das Berufsbildungsgesetz“, kritisiert der DGB. Obwohl es Auszubildenden unter 18 Jahren verboten ist, mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, müsse dies fast jeder achte Jugendliche (zwölf Prozent) trotzdem tun.
Mehr als ein Viertel der Befragten habe erklärt, dass sie sich nach der Ausbildung nicht mehr richtig erholen können. Eine Berufsausbildung darf aber nicht zu Überlastungssymptomen führen, die krank machen können.

Mangel an digitalen Inhalten

Dazu werden fast die Hälfte aller Azubis nicht auf die Digitalisierung vorbereitet. Smartphone, Cloud und Streaming - digitale Kommunikation und digitale Tools sind für junge Menschen fester Bestandteil ihres Alltags. In der Ausbildung mangelt es jedoch an digitalen Inhalten. Zwar geben rund 80 Prozent der Befragten an, dass Digitalisierung und Automatisierung in ihrer Ausbildung wichtig oder sehr wichtig seien. Doch nur 54 Prozent der Jugendlichen sehen sich während ihrer Ausbildung gezielt darauf vorbereitet, digitale Technologien auch zu nutzen. Enorme Unterschiede gibt es zwischen großen und kleinen Betrieben. Während 70 Prozent der Auszubildenden in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sagen, sie würden gezielt für digitale Technologien qualifiziert, sind es in kleinen Betrieben mit fünf bis zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur 45 Prozent. Wo es Betriebsräte oder Jugendvertretungen (JAVs) gibt, ist die Lage besser.

„Diese Zahlen machen uns Sorge. Berufsschulen und Betriebe müssen gleichermaßen besser werden. Die Mittel aus dem Digital-Pakt von Bund und Ländern müssen auch an den beruflichen Schulen ankommen. Überdies gilt es, das betriebliche Ausbildungspersonal besser zu qualifizieren“,
sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.