Benita Buchheim leitet seit zwei Jahren die Grundschule am Pulverberg. Deutlich benennt sie im Interview mit der BLZ-Redaktion die Situation im Ganztag und formuliert mutig, was notwendig ist, um Bildungsqualität in Schule nachhaltig zu verankern und weiterzuentwickeln.
BLZ: Du bist seit zwei Jahren Schulleiterin an der Grundschule am Pulverberg. Was waren die Gründe, dich für diese Tätigkeit zu bewerben?
Das war eigentlich gar nicht so schwer, denn es gibt immer gute Gründe, Verantwortung zu übernehmen. Die Gestaltung und Organisation von Lernumwelten im Sinne von Lernräumen, die eine ganzheitliche Bildung und Entwicklung ermöglichen, waren und sind mir ein Anliegen. Für mich als Pädagogin steht zuallererst das Kind mit seinem Recht auf Entwicklung und Bildung im Mittelpunkt. Was letztlich bedeutet, Schule als Lern- und Lebensort im Kontext von kindlicher und gesellschaftlicher Entwicklung zu denken. Und das finde ich ungemein spannend. Erfahrungsgemäß kann ich mich nur schwerlich enthalten und da ich mich sowieso in diese Prozesse einbringe, habe ich mir gedacht, ich könne es wagen mich dieser Herausforderung zu stellen.
Was ist dir in der Arbeit mit Kindern wichtig?
Da ist zunächst ein grundsätzlich pädagogischer Leitgedanke. Lernen, das heißt sich entwickeln können, Dinge entdecken dürfen, Zusammenhänge verstehen - das braucht Zeit, oder? Mit dem Konzept der gebundenen Ganztagsschule und damit einem rhythmisierten ganztägigen Lernen und Leben kommen wir dem Grundgedanken von entwicklungsbegleitender und kindgerechter Gestaltung eines Lern- und Lebensortes ziemlich nah. Das ist es auch, was ich unter Bildungsraum verstehe: Kindern Zeit geben, die Welt, sich selbst in der Welt und vor allem sich selbst in der sozialen Gemeinschaft zu er- und begreifen. Das Lernen findet doch eigentlich immer dann erfolgreich statt, wenn es für das Kind oder den Menschen bedeutsam ist: Bedeutsamkeit in der Sache an sich und zum anderen im sozialen Kontext, also in der Beziehung zu etwas oder mit jemandem.
Könnt ihr das an eurer Schule so verwirklichen?
Der Lern und Lebensraum für die Kinder ist bereits gut aufgestellt, auch wenn ich mir hier natürlich immer Entwicklung nach oben vorstellen kann. Seit Beginn der Einführung der gebundenen Ganztagsschulen vor nun fast 10 Jahren arbeiten wir daran, diesen Arbeitsraum auch für die darin tätigen Kolleginnen und Kollegen entsprechend leistbar zu gestalten. Die Ganztagsschule hat im Unterschied zur Halbtagsschule eine enorme Veränderung bezüglich der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsbelastung mit sich gebracht. Durch die rhythmisierte Tagesgestaltung gibt es bei uns längere Pausen von 30 und 20 Minuten, eine pädagogische Mittagsfreizeit von 70 Minuten mit freiwählbaren Angeboten sowie Lernzeiten am Nachmittag. Für die Kinder ist das ein großartiges und gelungenes Konzept.
Es bedeutet aber auch, den ganzen Tag in ständiger Gemeinschaft mit der Gruppe zu verbringen. Das stellt für einige Kinder eine große Herausforderung dar. Aber auch für die Kollegen ist der Arbeitstag im rhythmisierten Schultag länger und sehr verdichtet. Inzwischen verfügt jedes Klassenteam über einen richtigen Arbeitsplatz mit PC, Telefon, Kopierer mit direkter Druckfunktion usw. Das stellt eine enorme Arbeitsentlastung dar. Viel Unterrichtsvor- und -nachbereitung kann vor Ort erledigt werden. Auch Gespräche mit außerschulischen Institutionen, therapeutischen Einrichtungen usw. finden im Rahmen des Schultages statt. Es ist aber ein unruhiger Arbeitsplatz. Stets bleibt man Ansprechpartner für Kinder, Kollegen, Eltern usw.
Das ist einerseits bereichernd und für bestimmte Prozesse förderlich, andererseits für die eigene konzentrierte Arbeit hinderlich. Und schon wieder ist die Zeit rum!