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Neues aus dem Rechtsschutz| Wechsel zur Gesetzlichen Krankenkasse möglich

Beamtinnen und Beamte in Hamburg können PKV leichter verlassen. Bremen will erst mal abwarten

 

 

 

Hamburg macht den Anfang. Der Stadtstaat-Senat will Beamte/innen dabei unterstützen, in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln. Auf Wunsch solle ihnen ab 1. August 2018 die Hälfte des Kassenbeitrags erstattet werden, so die Planungen der Landesregierung. Hamburg unterstütze den Wunsch von Beamten, in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) krankenversichert zu sein, statt Beihilfe zu erhalten, erklärte die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz. „Mit dieser in Deutschland einmaligen Regelung soll auf Wunsch von Beamte/innen statt individueller Beihilfe der hälftige Beitrag zu einer gesetzlichen oder privaten Krankenvollversicherung gezahlt werden“, heißt es. Die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks erklärte: „Wir schaffen mit diesem Angebot echte Wahlfreiheit im Öffentlichen Dienst und den Zugang in die Solidargemeinschaft der GKV.“ Durch die Prüfung der Arztrechnungen und Berechnung der individuellen Beihilfe entstünde bislang ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand, betonte sie. Die Senatorin geht von anfänglichen Mehrkosten von rund 5,8 Millionen Euro aus, die für die Krankenversicherungskosten von geschätzt 2400 derzeit freiwillig gesetzlich versicherten Beamten entstünden. Langfristig könne Kostenneutralität erreicht werden.

Die alte Regelung

Beamte müssen sich derzeit selbst versichern – im Regelfall über die private Krankenversicherung, mit der sie sich normalerweise für 50 Prozent der Krankheitskosten absichern. Die andere Hälfte erstattet die Beihilfe. Wenn sie sich gesetzlich versichern wollen, müssen Beamte hingegen die gesamten Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen. Sie dürfen bislang freiwillig in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, wenn sie nicht älter als 55 Jahre sind und bestimmte Vorversicherungszeiten in der GKV nachweisen können. Experten halten die einseitige Subventionierung privat versicherter Beamter für schädlich - in vielerlei Hinsicht. Sie verfestigt die Ungleichbehandlung im Krankheitsfall. Sie muss von denen über Steuern finanziert werden, die sich selber eine solche Absicherung nicht leisten können. Sie schadet dem Wettbewerb, weil sie den Privatkassen, ohne dass die sich groß darum bemühen müssten, verlässlich frische Kundschaft zuschustert. Und sie benachteiligt auch Beamte/innen mit kleinem Verdienst, vielen Kindern und chronischen Krankheiten, die trotz Beihilfe in einer gesetzlichen Kasse besser, also für sie günstiger aufgehoben wären.

Kritik von den PKV

PKV-Funktionäre kritisieren die angekündigte Wahlfreiheit. Sie fürchten um Privilegien ihrer Klientel, um die selbstverständliche Vorzugsbehandlung und schnellere Terminvergabe beim Arzt. Doch auch in Hamburg wird kein Beamter zum GKV-Glück gezwungen. Wer möchte, kann sich auch einen Zuschuss zur Privatkasse zahlen lassen. Für Ältere, die sich mit der Abrechnungsbürokratie der Beihilfe herumquälen, könnte das durchaus attraktiv sein.

So oder so wird die Resonanz auf die Offerte ab Mitte 2018 höchst interessant. Wenn sich in Hamburg viele Beamte/innen für den Zuschuss oder gar für eine gesetzliche Absicherung entscheiden, brächte das auch andere Länder und den Bund unter Reformdruck. Zwar kommt ein Kassenzuschuss erst mal teurer, weil er sofort und nicht erst bei Krankheit fällig wird. Allerdings spart dieses Verfahren viel Verwaltungsaufwand. Bei Pensionären, die bisher eine Kostenbeihilfe von 70 Prozent erhalten, wäre ein hälftig zu zahlender Versicherungsbetrag womöglich die günstigere Variante. Und wenn alle Beamten gesetzlich krankenversichert wären, würde dies den Bund schon im ersten Jahr um 1,6 Milliarden und die Länder um 1,7 Milliarden Euro entlasten, wie Fachleute berechnet haben.

 

„Vorstoß inhaltlich richtig“

Tatsächlich wird der Vorstoß in Ländern mit ähnlicher Regierungskonstellation aufmerksam verfolgt. „Mit der Entscheidung wird in Hamburg die Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung gestärkt“, findet etwa die Gesundheitsministerin im rot-rot-grün regierten Thüringen. Man werde im Land ebenfalls „über mögliche Wege diskutieren, ein echtes Wahlrecht für Beamtinnen und Beamte zu schaffen.“ Im rot-grün regierten Bremen finden sie den Hamburger Vorstoß „inhaltlich richtig“, wollen aber erst mal abwarten, hieß es. Und im Berliner Senat hält man trotz aller Sympathie nichts von Einzelaktionen. Sinnvoll könne das aber nur bundesweit geregelt werden, hieß es. Eine entsprechende Bundesratsinitiative von Thüringen, Berlin und Bremen ist Anfang Juni gescheitert.