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Schwerpunkt

Mit Ohnmacht und Schwermut

Krisenmeldungen oder „Wenn Wasser auf ein gemaltes Bild läuft“

Foto: Karsten Krüger

Die beiden für mich bis dato unbekannten Gäste Ohnmacht und Schwermut kehrten in den vergangenen beiden Jahren immer mal wieder ein in meine Gefühlswelt und ließen das Bild meines Wunschberufs Sonderpädagogik verschwimmen, wie wenn ein Glas Wasser auf ein stundenlang so toll gemaltes Bild läuft. Und jede weitere Krisenmeldung zehrt aktuell an mir und zu allem Überfluss kommen dann noch endlose Diskussionen im Kollegium dazu und damit kocht der Topf des Machbaren dann fast über.

Großer Ansporn und harte Arbeit

 Ich wollte nie eine Lehrkraft sein, die sich in die Ferien schleppt. Ich bin es auch noch nicht - glaube ich - aber eine Tendenz erkenne ich bei mir schon. Weil Krisen in dieser Härte unser und auch mein Leben bestimmen, macht sich bei mir eine gewisse Hilflosigkeit breit. Die kommt bei mir deshalb auf, weil ich manchmal gar nicht mehr weiß, was richtig und was falsch ist. Ist es schon eine Überlastung oder nicht? Ist das lediglich die andauernde Dunkelheit im Herbst/Winter oder ist es eine weitere Anstrengung auf der Arbeit? Was zieht mich da runter? Und zwischendrin muss dann noch eine Abschlussfahrt organisiert und durchgeführt werden, damit wenigstens dieser Jahrgang einen tollen Abgang von der Schule bekommt. Ich war richtig traurig, als so viele Kinder und Jugendliche keine echten Abschluss-Veranstaltungen an ihren Schulen mitmachen konnten – keinen Abiball, keinen Schulanfang oder eine Mottowoche. Denen ist so viel entgangen. Aus dem Grund war es für mich ein großer Ansporn, aber auch harte Arbeit, für meine Klasse da zu sein, um wenigstens das zu ermöglichen (sofern es Corona zuließ).

Chance zum Austausch und Auskotzen

Zum Glück gibt es an meiner Arbeitsstelle eine GEW-Betriebsgruppe, in der ich mich über Berufliches austauschen und in der auch Vieles ohne Scham hinterfragt werden kann. Ohne Austausch wüsste ich in diesen ziemlich kräftezehrenden Zeiten gar nicht, was noch normal ist. Ich muss mir jedes Mal irgendwie klarmachen: Liege ich jetzt damit richtig? Durch die langen Kontaktbeschränkungen hat mir der Austausch mit anderen Menschen außerhalb meiner Klasse gefehlt. Und auch nach einigen Lockerungen, ist es jetzt leider noch nicht so gelöst wie vorher. Ich freue mich daher vom tiefsten Inneren heraus, wenn es auch eine noch so kleine Möglichkeit der Entlastung gibt, wie die Online-Teilnahmen an Konferenzen zum Beispiel. Ich wünsche mir mehr Entlastung. Ich wünsche mir und sehe es auch als Weg aus der Schwermut, dass jeder die Chance zum Austausch und auch mal Auskotzen bekommt. Damit wir uns gegenseitig stärken können.

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