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Marktöffnung schafft Flüchtlingsbewegung

GEW-Tagung „Internationales“: Gewerkschaftliches Handeln in Zeiten des globalisierten Kapitalismus

Die Tagung „Internationales“ des Hauptvorstandes der GEW fand am 25. und 26. November in Bad  Hersfeld (Hessen) statt. Sie erkundete den Zusammenhang von weltweit zunehmender Verarmung und Kriegsgefahr. Und warf die Frage nach der Rolle der Gewerkschaften auf.

Internationale Arbeit in der GEW

Das Hotel war fast etwas zu gediegen, der zugehörige Kurpark zu idyllisch für die ernsten Fragen, die auf dem jährlich stattfindenden Treffen verhandelt wurden. Geladen waren um die 50 Aktive aus dem Bereich der internationalen Arbeit. Aus Bremen nahmen Emin Akbas vom AK Kurdistan und der Autor dieser Zeilen für den neugegründeten AK Internationales teil. Die große Bedeutung des Themas für die GEW wurde auch an der Anwesenheit der Vorsitzenden Marlies Tepe deutlich, die nicht nur Rechenschaft über das vergangene Jahr ablegte, sondern sich auch rege an den Diskussionen beteiligte. Überhaupt zeigte sich die große Bandbreite der Aktivitäten: Sie reicht von sozialen Projekten wie Fair Childhood über die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften – beispielsweise F-Synter in Burkina Faso – bis hin zur Mitarbeit in Gremien auf europäischer und internationaler Ebene, im Rahmen der sog. Bildungsinternationale. Eigene Arbeitskreise gibt es nur in Bremen, Hessen und Sachsen, viele Mitglieder arbeiten jedoch in speziellen Projekten oder sind in den Arbeitskreisen zu Migration und Antidiskriminierung aktiv.

Thema: Fluchtursachen

Den Auftakt der Tagung bildeten zwei Vorträge, die sich dem Thema von verschiedenen Seiten annäherten. Ramona Lenz  (Medico International) konzentrierte sich auf die heute viel beschworenen Fluchtursachen. An statistischem Material und prägnanten Länderbeispielen demonstrierte sie, wie u.a. Landraub, Rohstoffhandel und Umweltzerstörung Menschen in die Flucht treiben. Dabei verfiel sie nicht in die Unsitte, Launen der Natur oder geheimnisvolle „Teufelskreise“ für die beschriebenen Phänomene verantwortlich zu machen. Stattdessen diente ihr die seit den achtziger Jahren betriebene neoliberale Strategie von Marktöffnung und Deregulierung als theoretischer Rahmen.

Thema: Kriegsgefahr

Den zweiten Vortrag bestritt Reiner Braun vom Internationalen Friedensbüro. Sein Vortrag betrachtete die ökonomische Entwicklung im Hinblick auf ihre kriegsträchtigen Auswirkungen. Je mehr sich der Gegensatz von Arm und Reich weltweit zuspitzt, um so stärker steigt die Zahl militärischer Konflikte. Berücksichtige man das angespannte Verhältnis zwischen dem Westen und Russland, so ist laut Braun im Moment durchaus die Gefahr eines Weltkrieges gegeben. Trotz anderslautender Rhetorik sei auch von der Regierung Trumps keine Entspannung mit Russland zu erwarten. Braun forderte eine neue Friedensbewegung; mit gewerkschaftlicher Beteiligung.

Lebhafte Diskussionen

In der anschließenden Diskussion wurde auf diesbezügliche Widersprüche innerhalb des DGB verwiesen: Gerade vor dem Hintergrund verschärfter internationaler Standortkonkurrenz neigen gewerkschaftliche Vertreter traditionelle industrieller Branchen eher zur sozialpartnerschaftlichen Klüngelei mit „ihren“ Konzernführungen, was auch jene einschließt, die am Geschäft mit dem Krieg verdienen. Eine Parallele dazu ergab sich nach dem Vortrag von Sakine Yilmaz, der Generalsekretärin von Egitim Sen, über den wir hier nichts berichten, weil es einen ausführlichen Text über ihren Besuch in Bremen gibt (zu lesen auf Seite 26). Erwähnt sei aber, dass eine Kollegin von den Schwierigkeiten berichtete, alle DGB-Gewerkschaften hinter eine gemeinsamen Verurteilung der türkischen Regierungspolitik zu bringen – manche halten sich bedeckt, um ihre türkischstämmigen Mitglieder nicht aufzuschrecken. Dann ist Erdogans Spiel in Deutschland wohl aufgegangen. Ein Kollege aus Sachsen ergänzte, bei dortigen Personalräten sei bereits eine Furcht zu spüren, sich gegen Pegida und Co.auszusprechen. Grund genug für das Thema der nächsten Tagung: Das internationale Erstarken der Rechten.