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Digitalisierung

Lehrkräfte sind einfach unersetzlich

Bildung in der digitalen Corona-Welt: Chancen und Risiken

Entwicklungen verlaufen selten gleichförmig, meist in Sprüngen. Solch einen Sprung enormen Umfangs und mitreißender Kraft erfährt gerade Digitalisierung in Schulen und Bildungsprozessen. Eine völlig neue Situation: Schule findet zu Hause statt, an verteilten Orten mit verschiedenen Arbeitsmöglichkeiten und auch Fähigkeiten bei allen Beteiligten. Spätestens jetzt wird klar, dass es auch in der Bildung keine Wahl gibt zwischen Nutzung und Nicht-Nutzung digitaler Angebote. Fast ohne Vorbereitungszeit wurden Schulen und Kitas zum Schutze der Gesundheit, um der Ausbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken, geschlossen. Keine Kollegin, kein Kollege mehr in der Pause, die oder den man mal eben fragen kann.

Zuerst das Positive
Bremen ist mit der Lernplattform itslearning und dem Medienangebot MedienOnline (beide Angebote gibt es, Vorläufer eingerechnet, seit mehr als zehn Jahren) und diversen zentral verfügbaren Angeboten gut aufgestellt.
Mit SingleSignOn, mit einem einheitlichen Nutzungsnamen und einem Passwort, sind Angebote wie Lernplattform, MedienOnline, Mail usw. zu erreichen. Es gibt für die Schulen Zusammenstellungen empfehlenswerter freier Angebote, die ohne Anmeldung nutzbar sind – die gibt es zum Teil schon lange und auch in der Zukunft. Alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler haben auf verschiedene Weise Zugang zu den Angeboten. Alle Grundschulen haben spezielle Angebote für Lesen (und Schreiben) und Rechnen, Lehrkräfte zusätzlich Lizenzen zur Nutzung auf heimischen Rechnern für ihre Vorbereitung. Alle diese Angebote waren nach längerer Erprobung ausgewählt worden, sind datenschutzrechtlich akzeptabel und es gab und gibt zahlreiche Fortbildungen zur Nutzung dieser Angebote. Längst nicht alle Bremer Schulen und Lehrkräfte haben sich dieser Angebote in der Vergangenheit bedient. Viele entdecken nun die Möglichkeiten und Vorteile für sich und ihre Schüler*innen und entwickeln neue Kompetenzen.

Vorsicht Risiko
Unter dem Druck, schnell Fern-Unterricht sicherzustellen und die Kommunikation zwischen den Schulbeteiligten aufrecht zu erhalten, wird leicht zu Mitteln gegriffen, die weder einer pädagogischen oder inhaltlichen noch technischen oder datenschutzrechtlichen Prüfung standhalten. Schulentwicklungsprozess oder Digitalkonzept - Fehlanzeige. Trotz der zeitlichen Enge und der dadurch mangelnden Möglichkeiten zur Abstimmung innerhalb der Kollegien müssen pädagogische Kriterien bei der Auswahl von Angeboten sowie Datenschutz und -Sicherheit, Nachhaltigkeit und Arbeitsschutz auch in Zeiten von Corona an vorderster Stelle stehen. Zahlreiche Verlage und Organisationen treten jetzt auf den Plan und preisen ihre Produkte. Es ist nicht alles Gold, was glänzt ... auch Werbung für Firmen oder Produkte, für Arbeitgeberpositionen usw. kommen auf diesem Wege versteckt daher. Viele - auch gute - Angebote sind (natürlich: Verlage müssen auch leben) nur kurzfristig kostenlos nutzbar. Für jedes Angebot ist meist eine separate Anmeldung erforderlich, teils unter Ablieferung diverser persönlichen Daten, und nach Ablauf der „Corona-Frist“ viel zu teuer, um es weiter zu nutzen. Also angefüttert, Einarbeitungszeit investiert, ohne dauerhaften Nutzen.

Wo elterliche Hilfe fehlt
Nicht alle Schulen sind digital so gut aufgestellt und längst nicht alle Schüler*innen haben zu Hause die notwendige technische Ausstattung geschweige denn elterliche Hilfe beim Lernen. Sind die digitalen Materialien so gestaltet, dass alle damit klarkommen? Sind auf diesem Wege alle Beteiligten erreichbar? Wo elterliche Hilfe fehlt: wie kann für Kompensation gesorgt werden? Wird die soziale Schere zurzeit nicht noch größer? Die Forderung nach Bildungsgerechtigkeit wird sich nur durch umfangreiche Hilfsmaßnahmen erfüllen lassen. Lehrer*innen und Präsenzunterricht sind einfach unersetzlich.

In der nächsten BLZ gibt es den zweiten Teil des Artikels mit Aspekten zu Bildungsgerechtigkeit, Mitbestimmung bei den schulischen Mediennutzungsszenarien, Arbeitszeit, Mehrfachbelastungen, Forderungen an die Behörde und zu den Lehren, die wir für die Zukunft ziehen können. Es zeigt sich derzeit überdeutlich, wie dramatisch sich ausbleibende Beschaffungen und unbesetzte bzw. zu wenig Stellen auswirken.