2. Zur „Wertschätzung der Mehrsprachigkeit“:
Korol bringt diesen Begriff in einen anderen Kontext und stellt ihn auch falsch dar. Das, was ich meine ist, dass die Sprachfähigkeit und Mehrsprachigkeit der Einwanderer häufig nicht wertgeschätzt wird. Das kann nicht ignoriert werden. Vergleicht man die türkischen und arabischen Sprachen, die viele der Migranten in Deutschland sprechen, mit Französisch, Latein und Spanisch, die als 2. Fremdsprachen häufig in den deutschen Schulen unterrichtet werden, kann nicht übersehen werden, dass hier der türkischen und arabischen Sprache weniger Wertschätzung entgegen gebracht wird. Solche Unterschiede werden in konkreten Auseinandersetzungen, wie der der türkischen Gemeinschaft und einer Bremer Schule bei der Abschaffung der türkischen Sprache als 2. Fremdsprache deutlich.
Daher stehe ich zu meiner Formulierung, „dass die Förderung der Herkunftssprachen als ein Gegensatz zu der Förderung der deutschen Sprache angesehen wird, hat mit niedriger Wertschätzung der Mehrsprachigkeit zu tun“. Ich darf an Maßnahmen wie das Verbot der Herkunftssprachen in den Hofpausen erinnern. Ich gehe davon aus, dass diese Sachverhalte im Allgemeinen und vor allem bei den Betroffenen Spuren hinterlassen. Die konkreten Erfahrungen meines Arbeitsalltags zeigen, dass „SchülerInnen aus Zuwandererfamilien selber ihre Mehrsprachigkeit ausdrücklich negativ bewerten“.
Die zunehmende Zahl der SchülerInnen mit Migrationshintergrund - in Bremen über 52 % der unter 6-Jährigen haben inzwischen mindestens ein im Ausland geborenes Elternteil (Mikrozensus 2007) - erfordert (nicht nur in Bremen) eine interkulturelle Pädagogik und Sichtweise, die der Heterogenität im Klassenzimmer Rechnung trägt. Meine Forderung im Bezug auf „Wertschätzung der Mehrsprachigkeit“ steht in diesem Zusammenhang.
3. Angst und Unsicherheit stiftende Reaktion:
Mehr Migranten als Lehrer/innen lehnt Korol ab. „Da ein Mehr an Lehrkräften aus aller Herren Länder eine Herausforderung für die deutschstämmigen SchülerInnen wäre“. Im Gegenteil zu Korol sehen die Praktiker, Fachleute und Wissenschaftler die Förderung von mehr Migranten/innen im Lehramt als eine notwendige Maßnahme. Seit Jahren ist das Thema des „Bedarfes an Lehrkräften mit Migrationshintergrund und ihrer Rolle“ für Bildung und Integration nicht nur in den Fachmedien und -kreisen diskutiert worden. Dass Herr Korol diese Debatten nicht in seinem Beitrag berücksichtigt oder davon keine Kenntnis hat, ist sehr schade.
Mit seiner Bemerkung, „in Bremen sind SchülerInnen aus bis zu 70 Ethnien mit noch mehr Muttersprachen zu beschulen und zu unterrichten“, erweckt er den Eindruck, dass jede Bremer Schule vor dem Problem stünde, Schüler/innen mit mehr als 70 Herkunftssprachen zu fördern. Entweder fehlen Herrn Korol grundlegende Sachkenntnisse hierzu oder er argumentiert mit der Absicht, Integrationsangst zu stiften. Wenn Herr Korol die schulische Situation in diesem Zusammenhang bekannt wäre, könnte er feststellen, dass die Zuwanderer selbst und ihre Organisationen einen wichtigen Beitrag zum Erlernen der Herkunftssprachen und zur Mehrsprachigkeit leisten. In der Tat sind die Sprachen, die größere Gruppen der Bremer Einwanderer sprechen (Türkisch, Russisch und Polnisch) in den Schulen etabliert und sogar als 2. Fremdsprache. Einige in Bremen seltenere Sprachen wie chinesisch usw. werden in bestimmten Schulen angeboten, in die interessierte SchülerInnen – auch aus anderen Schulen - zur Teilnahme an den entsprechenden Kursen gehen. In wie weit die Angebote ausreichend sind und ob die einzelnen Schulen noch mehr anbieten können bzw. die Migantencommunities noch mehr Angebote fordern, ist eine andere Debatte.
4. Zu „Quoten für Migranten und Frauen“
„Quoten für Migranten wären wünschenswert“, zitiert mich Herr Korol und führt weiter aus: „Das, denke ich, ist so unsinnig wie die Erfindung der Quotenfrau“. Obwohl diese Äußerung zu seiner – in dem Beitrag dargestellten - Haltung passt, ist trotzdem zu bemerken, dass die USA seit Jahrzehnten erfolgreich die Quotierung für Migranten praktiziert und das wird weltweit als ein entscheidender Akt der pluralischen Demokratie hoch angesehen. Ohne die Quote wäre ein schwarzer Präsident Obama sicherlich undenkbar. Auch die gesetzlich eingeführten Quoten für Frauen und für behinderte Menschen in Deutschland sind - trotz anfänglicher Vorbehalte - von der Gesellschaft angenommen.