Auch als Landesregierung, gerade nach einem schwachen Wahlergebnis und einem „Verzicht“ des bisherigen Präsidenten des Senats auf das Bürgermeisteramt.
Schon mit Beginn der Legislaturperiode sollte ein verantwortungsbewusster Senat vertraut sein mit den nicht ganz einfachen Beziehungen zwischen Land und Kommunen, Landeshaupt- und Seestadt- sowie insbesondere deren Geschichte. Dabei geht es oftmals um Ressourcen im weitesten Sinne, aber eben nicht nur. Gemeinwesen entwickeln nämlich auch eine Identität.
Wenn also eine neu zusammengesetzte Landesregierung das Thema der „Entkommunalisierung“ von Polizei und Lehrkräften aufwirft, ohne dieses vorher im Wahlkampf angesprochen zu haben, dann trifft sie offenbar sofort „einen Nerv“ dieser Identität und setzt ein verschüttet geglaubtes politisches Interesse frei.
An dieser Stelle möge sich jede/r ausmalen, wie ein schlaffer, inhaltsloser Wahlkampf, in dessen Wirkung 60 % der Wahlberechtigten den Besuch des Wahllokals bei ihren Sonntagsaktivitäten gezielt aussparten, abgelaufen wäre, hätte man die Karten im April auf den Tisch gelegt.
Dies war aber nicht der Fall. Und so reagieren die Menschen sensibel, wenn sie mit unliebsamen Überraschungen konfrontiert werden. Dies hat Gründe: Über Jahre konnte ihnen der „innerbremische Finanzausgleich“ nicht plausibel gemacht werden. Dass Bremerhaven dabei gut bedacht wurde, konnten sie glauben oder auch nicht.
Sicher wissen sie allerdings, dass das „wertschöpfende“ Hafengebiet hinter der Columbuspier seit der Kaiserzeit stadtbremisch ist (nicht land-, sondern tatsächlich „stadt“-). Egal, wie sich das in Euro auswirkt, es stellt eine Hypothek für jede/n dar, der/die sich mit dem Selbstverständnis der Stadt beschäftigt. Und vor diesem – geschichtlich gewachsenen – Hintergrund wird der Versuch des Zugriffs auf das städtische Personal als „Angebot“ verklausuliert. Das ist schon ziemlich polemisch und mobilisiert, wie es einer Landesregierung selten gelingt. 9.600 Bürger*innen haben in 4 Wochen ein Bürgerbegehren „Landespolizei/Landeslehrer Nein Danke!“ mit ihrer Unterschrift unterstützt. Ein Oberbürgermeister a. D., ein Magistratsdirektor a. D. und der ehemalige Präsident der Ortspolizeibehörde treten als Antragsteller auf. Die Stadtverordnetenversammlung kann gar nicht anders, als am 1. Oktober das „Angebot“ des Senats einstimmig abzulehnen.
Ob den Parlamentariern bei dieser Abstimmung bewusst war, dass sie letztlich die Grundpfeiler bestätigt haben, die 1947 zur Bildung eines Bundeslandes Bremen geführt haben? Zumindest ist es seit Wilhelm Kaisens Zeiten verbrieft, dass es in dem Verhältnis zwischen Bremen und Bremerhaven um echte Selbstverwaltungsaufgaben für die Seestadt geht, u. a. die Schulen betreffend.
Ganz am Anfang dieser Auseinandersetzung hatten wir als Stadtverband Fragen aufgeworfen, wie sich denn der Senat als Organ, das ein Angebot unterbreitet, zu den Aufgaben verhalten wolle, die mit einer Übernahmen des Personals zusammenhängen (Personalgewinnung, Personalentwicklung, Aus- und Fortbildung). Das hätte Hinweise auf die Substanz und Durchdachtheit des Angebots erbringen können. Erwartungsgemäß gab es keine Antworten. Es ist viel Staub aufgewirbelt worden, ohne dass sich Änderungen abzeichnen. Die Probleme allerdings bleiben. Und zum Selbstverständnis dieser Stadt gehört die Erwartung an gute Schulen.