Seit mindestens 25 Jahren trifft sich die Fachgruppe mit interessierten Lehrkräften zu dem jährlichen Seminar. Wie jedes Jahr stand der intensive Austausch zwischen den knapp 30 Teilnehmer*innen zu der Arbeit an der Schule, die Beschäftigung mit ausgesuchten Schwerpunktthemen sowie die Verabredung zu gewerkschaftspolitischen Aktivitäten für das Jahr 2017 im Mittelpunkt.
THEMA 1: Situation der Primarstufe
An den Grundschulen herrscht ein großer Frust bezüglich der personellen, sächlichen und räumlichen Versorgung der ZuP im Primarbereich. Besonders Grundschulen im sozialen Brennpunkt haben einen sehr hohen Bedarf an sonderpädagogischer Förderung, der mit den vorhandenen Stunden nicht abge-deckt werden kann. Immer wieder fallen wegen der insgesamt sehr prekären Lage im Primarbereich (Studentinnen als Klassenlehrerinnen, hoher Krankenstand usw.) Förderstunden aus. Schüler*innen im LSV Bereich werden nicht genug gefördert und ihre Bedarfe werden hintangestellt. Besondere Probleme bereiten, wie überall, Kinder mit Störungen im sozial- emotionalen Bereich. Bereits genehmigte persönliche Assistenzen für diese Kinder können monatelang nicht besetzt werden.
Leistungsbewertung (Kompolei und neue Zeugnisform)
Die neue Zeugnisform und Kompolei widersprechen jeglichem Inklusionsgedanken. Schüler*innen mit einem sonderpädagogischem Förderbedarf und ihre Eltern erhalten keine Informationen über tat-sächliche Lernfortschritte. Die bisherigen Erfahrungen in den Gesprächen mit den Eltern haben deutlich gezeigt, dass diese Zeugnisformulare von ihnen nicht verstanden werden.
Diese Schüler*innen bekommen mit dem neuen Zeugnis immer wieder aufs Neue dokumentiert, dass sie einem (willkürlich festgelegten) Bildungsanspruch nicht entsprechen können. Für Schüler*innen im Lernbereich W und E können Fortschritte weder im lebenspraktischen Bereich noch in den Fächern Deutsch und Mathematik angemessen abgebildet werden. Für alle Schüler*innen mit Förderbedarfen (und deren Eltern) stellt die jetzige Zeugnisform eine permanente Demütigung dar.
Dem angestrebten Ziel, Stigmatisierung zu vermeiden, läuft diese Form diametral entgegen.
THEMA 2: Integration durch Vorkurse
Ausgangslage: An jeder Schule gibt es 1-2 Vorkurse. Einige SchülerInnen haben eine ganz normale schulische Vorbildung, andere waren noch nie in der Schule und sind Analphabeten. Viele SchülerInnen sind aufgrund von Kriegs- und Fluchterfahrungen schwer traumatisiert, darunter mittlerweile auch unbegleitete Minderjährige.
An vielen Schulen werden die Vorkurse als „Inseln“ erlebt, die abgekoppelt vom übrigen Schulalltag, unterrichtet werden. Insbesondere die Schüler der älteren Jahrgänge, die vorher wenig Schulbildung hatten, haben sehr große Schwierigkeiten, sich nach einem Jahr im Vorkurs in die Klassen zu inte-grieren. Da ein möglicher Nachteilsausgleich nur für ein halbes bis ein Jahr gilt, sind die SchülerInnen oft eigentlich nicht beurteilbar oder schreiben schlechte Zensuren. Insbesondere bei den SchülerInnen, bei denen die Alphabetisierung noch nicht abgeschlossen ist, kommt es zu hohen Frustrationen, Absentismus bzw. hohen Fehlzeiten.
Unsere gewerkschaftlichen Forderungen
Die Ressourcen für die Sprachförderung reichen nicht aus! Die Schüler sollten eine intensive Förderung erhalten, bis sie alphabetisiert sind und (mindestens) das Sprachlevel B1 erreicht haben
Kollegen, die insbesondere in den höheren Jahrgängen Vorkursschüler in ihren Klassen aufnehmen, sollten Entlastung für die deutlich höhere Mehrarbeit erhalten.
An allen Schulen sollten zusätzliche Sozialpädagogen eingestellt werden, die die Schüler und Schülerinnen in den Klassen begleiten und sich um die vielen außerschulischen Probleme kümmern, die bei diesen Schülern anfallen.
Es müssen dringend Konzepte für ältere Schüler und Schülerinnen ohne schulische Vorbildung entwickelt werden, damit sie die letzten 2-3 Schuljahre an den Schulen als sinnvoll und bereichernd erleben. Mögliche Ideen wären Kurse /Fächer mit hohen praktischen Anteilen (Werkstätten, u.a.).