Bremer Bildungs- und Sozialpolitik geht einher mit desaströsen Meldungen aus anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes: Stadt- und Standesamt seien hier stellvertretend genannt, wobei die Bearbeitungsrückstände im Standesamt demnächst dazu führen könnten, dass keine regulären Kita-Anmeldungen mehr möglich sind, da keine Geburtsurkunden vorgelegt werden können. Ironie und Sarkasmus sind unmittelbare Folgen einer Politik, die nur noch Fassungslosigkeit hinterlässt oder aber alle in die Betten treibt, um revolutionäre Subjekte in Spe auf den Weg zu bringen. Eine solche Revolution wäre im wahrsten Sinne des Wortes „aus der Not“ geboren; allein, im Hier und Jetzt schafft sie nicht Abhilfe…
Was eine derartige Bremer Politik aber schafft ist die Zementierung oder gar Vertiefung der sozialen Spaltung in diesem Land, also etwas, deren Bekämpfung oberste Priorität mit Amtsantritt des neuen Bürgermeisters erlangen sollte. Und sie hat es geschafft, dass Geld nicht mehr der alleinige Heilfaktor ist: Das Aufstellen von Containern oder gar der Bau neuer Kitas kosten auch Zeit – die haben die jetzt ohne Platz Dastehenden aber nicht. Auch das für neue Kitas (und übrigens auch Schulen) notwendige Personal muss erst noch ausgebildet und/oder von außen angelockt werden. Aber welche pädagogischen und wissenschaftlichen Fach- und Lehrkräfte mit Familiengründungsambitionen kommen in eine Stadt ohne Kitas? Die Attraktivität Bremens jedenfalls fällt mehr und mehr in den Negativzinsbereich…
Und weil die Not so groß ist, kämpft man blindlings: Kitas sollen auf Spielplätzen gebaut werden, Hortkinder sollen in die Schulen gesteckt werden, damit die Horte in Kitas umgewandelt werden können, wobei zweierlei völlig aus dem Auge verloren wird: Erstens, viele Horthäuser sind baulich „abgängig“ und zweitens ginge unter derzeitigen Bedingungen diese Umwandlung mit einem unermesslichen Qualitätsverlust einher. Und zu guter Letzt kommen die Interessenswalter der Kleinen (die Verbände der freien Wohlfahrtspflege) mit der Forderung nach einem „Gutscheinsystem“ zur Platzvergabe daher, dezentralisieren und bedarfsgerechter gestalten – nach Hamburger Modell. Die Träger, die stark nachgefragt werden, stellen mehr Plätze zur Verfügung und rechnen diese dann anschließend mit dem Amt ab. Auch dieses Modell setzt voraus, dass überhaupt grundsätzlich über Qualität von Früher Bildung und die Summe, die Politik bereit ist hierein zu investieren, ein Konsens geschaffen wurde. Ansonsten bleibt es ein Nebenschauplatz, der neben „Trägervielfalt“ auch Tarifvielfalt zur Folge haben wird. Alle Träger lassen sich den Bau von Kitas bezahlen, entweder vom Staat oder von den Nutzer*innen… Dass die Bildungssenatorin nun ihren Staatsrat beauftragt, dieses System auf Übernahme zu prüfen, ist Ausdruck eigener Hilf- und Planlosigkeit und damit kennzeichnend für den Gesamtzustand Bremischer Politik – das ist das zusätzlich Bedrückende. Und wären wir im alten Rom, könnten wir uns jedenfalls noch am Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ erfreuen – Brot und Spiele auch für die dem Untergang Geweihten. Aber vielleicht lässt sich Klaus Hübotter noch erweichen…
Kitas, Spielplätze oder Horte?
Hoffnung keimt auf in vielen Bremer Familien, die Hoffnung auf keinen Kita-Platz. Nicht arbeiten müssen, sondern selbst verantwortlich sein für die Bildungsprozesse der frühen Kindheit, die eigenen Kleinen nicht der öffentlichen Kleinkunsterziehung anvertrauen müssen… So mag der Bremer Senat und seine Bildungsressortspitze den Umstand auswerten, dass mehrere Hundert Plätze im Kita-Bereich fehlen – Realitätssinn ist dort offenbar völlig abhanden gekommen! Jahrelange Fehlplanungen und vorenthaltene notwendige Mittel zum Kita-Ausbau werden schön geredet: Freut euch doch über die unerwartet hohe Zahl an Geburten…
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