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„Kindheit und Jugend in der Nazizeit“

Seit Eröffnung der Dauerausstellung über Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus im September 2009 konnten wir etliche Erfahrungen mit Führungen und museumspädagogischen Begleitangeboten sammeln. Ich persönlich finde es immer wieder sehr spannend, wenn eine Schulklasse kommt. Trotz des Vorgespräches bei der Anmeldung ist ja nie ganz klar, wie viel Vorwissen, Neugierde und Ausdauer die Jugendlichen mitbringen. Rückmeldungen der BesucherInnen bestätigen aber, dass die Ausstellung und unser Ansatz der Vermittlung in jedem Falle gut angelegt sind. Die Gruppen finden hier einen Ort, der mit seinen Objekten, Fotos und Dokumenten eine eindrucksvolle Ergänzung darstellt zu (Schul-)Büchern oder auch Filmen.

Bei einer Führung durch die Ausstellung geht es um sechs Vitrinenkomplexe, die die Themen „Zuhause“, „Schule“, „Hitlerjugend“ und „Leben im Krieg“ zeigen. An Beispielen lassen sich Bezüge zum heutigen Lebensalltag, zu Erfahrungen und Bedürfnissen der jungen BesucherInnen herstellen: Kinder und Jugendliche sammeln gern, sie wollen in einer Gruppe dazugehören, wollen sich gebraucht fühlen und helfen. Aber sie wünschen sich auch, mal der Boss zu sein, sich von Erwachsenen nichts sagen zu lassen. Damit kennen sich SchülerInnen aus und schnell entwickeln sie einen Bezug zu den jungen Menschen auf den Fotos, können annähernd nachvollziehen, wie diese durch massiven Zwang, aber auch durch Faszination und mangelndes Urteilsvermögen vieles „mitgemacht“ haben.

Besonderes Interesse gilt dem „Logo“, womit das schwarze Hakenkreuz im weißen Kreis auf rotem Grund gemeint ist. Wer wusste denn vor dem Besuch der Ausstellung schon, dass Hitler selbst es entworfen hatte, dass er die Proportionen festlegte und schon 1933 mit dem sogen. Kitscherlass die Reichsleitung der NSDAP bestimmte, wer es wann und wo verwenden durfte! Auch heute haben Jugendliche gerne Sticker, Schriftzüge und Zeichen auf ihrer Kleidung: sie wollen sich verorten. T-Shirts oder Taschen sind möglicherweise einem Code folgend gewählt; ein Trikot demonstriert die Zugehörigkeit zu einem Fußballverein. Und so macht es nachdenklich, wie klein doch der Schritt sein kann, diese kulturellen Bedürfnisse für diktatorische und militaristische Zwecke zu missbrauchen!
Immer wieder veranlassen die ausgestellten Dinge zu der Frage: Was wäre, wenn ich dabei gewesen wäre, wie hätte ich mich verhalten, wie hätte ich das Leben empfunden? Das ist für die BesucherInnen eine aufregende Situation, es ist „ungemütlich“, aber auch bewegend – das Kapitel Nationalsozialismus lässt sich in dieser Ausstellung nicht mit einem „Es war einmal…“ abtun. Auch scheinbare Ungereimtheiten werden nun interessant: Was haben die Kasperfiguren in einer der Vitrinen zu suchen, warum mussten die Familien die HJ-Uniformen selber bezahlen, gab es wirklich 15jährige in den Flak-Stellungen?

Eine weitere Vertiefung erfahren die Themen der Ausstellung durch einen für alle Altersgruppen sehr frei angelegten Arbeitsbogen. Auch besteht die Möglichkeit, eine Rechenstunde und eine Deutschstunde szenisch zu erkunden. Im Quellenstudium werden Schulbücher, Chroniken, „Hilf mit!“- Hefte und neuerdings auch Verordnungen der Landesschulbehörde einsehbar gemacht. Als konkreter Erfahrungsraum zum Thema „Luftkrieg“ kann der Erdbunker unter dem Schulhof weiterhin in Führungen eingebunden werden.
All diese Angebote werden ständig erweitert und sind schriftlich ausgearbeitet, um sie den Schulen bekannt zu machen. Im Januar 2012 soll es dann um Unterrichtsfilme in der NS-Zeit gehen und im März wird die Bunkerführung noch einmal besonders angekündigt. Eine Medienstation, Hörstationen und die Einbeziehung des Jüdischen Friedhofes in unsere Arbeit sind in Planung.

Aus: „Schulgeschichten aus Bremen“, der Zeitung des Freundeskreises den Schulmuseums auf der Howisch.