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Schwerpunkt

Keine Randnotizen

Bildungsprojekt veröffentlicht rechte Vorfälle in den Regionen Bremen und Bremerhaven

Antisemitische Hassrede in der Bahn, Witze über Menschen mit Behinderung, Erniedrigung von Menschen in Wohnungslosigkeit, Armut oder Sexarbeit, rassistische Polizeikontrollen, verbrannte Pridefahnen, ein Angriff auf einen Wagenplatz, ein Drohbrief an demokratische Organisationen oder ein Hakenkreuz an der Wand – die Liste rechter und diskriminierender Vorfälle in Bremen und Bremerhaven ist lang. Seit 2018 dokumentiert das Projekt „Keine Randnotiz“ solche und weitere Vorfälle in einer Chronik mit Stadtkarten.

Das Projekt in Trägerschaft des Bildungsträgers LidiceHaus gGmbH ist mit Mitteln des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“ und des Demokratiezentrums Bremen finanziert. Wir möchten sichtbar machen, was oft als „nicht so schlimm“ oder „Einzelfall“ verharmlost wird – und Betroffenen ermöglichen, aktiv auf einen Vorfall zu reagieren. Auch Schulen arbeiten beispielsweise mit unserer Chronik.

2023 haben wir 150 Vorfälle erfasst, 2024 bereits über 350. Besonders Antisemitismus, Queerfeindlichkeit und extrem rechte Propaganda haben zugenommen – und rassistische Vorfälle waren schon vorher in großer Anzahl dabei. Es ist uns wichtig, dass Vorfälle auch anonymisiert werden können, zum Beispiel mit geändertem Ort oder Datum. Namen veröffentlichen wir ohnehin nicht, um meldende Personen zu schützen und keine Sorgen um Sicherheit zu verursachen. Wir finden gemeinsam mit den meldenden Personen Formulierungen, die für alle in Ordnung sind. Je mehr Menschen uns Vorfälle melden oder sogar Meldestelle werden, desto realistischer und weniger unvollständig wird das Bild.

Hier aktuelle Meldungen:

1. Dezember

Propaganda für verschwörungsideologische rechte Szene: Über einen Aufkleber, der sich gegen eine extrem rechte Partei wendet, wird ein Aufkleber der verschwörungsideologischen rechten Szene geklebt.

Inhaltlich wird behauptet, dass mit dieser Aktion staatliche Propaganda überklebt worden sei. Diese falsche Darstellung deutet Kritik an einer extrem rechten Partei im Sinne extrem rechter Parteien um.

23. November

Verschwörungsideologische Szene in Bremen Mitte: Eine von Sicherheitsbehörden beobachtete Gruppe aus dem verschwörungsideologischen rechtsoffenen Spektrum nimmt mit nationalistischer Propaganda Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Behörden belegen, dass diese Gruppe auch Argumentationen gegen demokratische Institutionen nutzt, die dem Reichsbürger-Milieu zuzuordnen sind.

14. November

Antisemitischer Spruch an Universität: Auf dem Gelände der Universität Bremen wird an einer großen eckigen Säule ein mit sehr dickem Stift großflächig aufgetragener antisemitischer Spruch festgestellt. Der Spruch unterstellt sinngemäß, die Bevölkerung Palästinas müsse so lange leiden, bis Deutschland einen Schuldkomplex aufgrund des Holocausts abgelegt habe und bedient damit sekundären Antisemitismus.

8. November

Rechte Graffiti an Bushaltestellen: An der Haltestelle Hochschule/Stadttheater in der Fährstraße in BHV werden verschiedene extrem rechte Graffiti in den Farben Schwarz, Weiß und Rot festgestellt. Neben Hakenkreuzen finden sich auch eine rassistische Parole und ein Kürzel, das in rechten Zusammenhängen als Code für „Heil Hitler“ genutzt wird.

8. November

NS-Kürzel auf Hauswand und Mauer: In der Weichselstraße in BHV werden an zwei unterschiedlichen Orten SS-Schriftzüge festgestellt. In der Nähe eines Clubs an der Kreuzung mit der Lessingstraße ist das Kürzel auf eine Mauer gesprüht, etwas weiter nördlich zwischen der Lessingstraße und der Bütteler Straße an eine Hauswand. Die SS („Schutzstaffel“) war im Nationalsozialismus unter anderem für den Betrieb von Konzentrationslagern zuständig.

5. November

Hakenkreuz auf Autobahnschild: Am Morgen sieht eine Autofahrerin auf der A27 nahe der Ausfahrt BHV-Geestemünde im Vorbeifahren, dass ein Baustellen-Warnschild mit einem Hakenkreuz und einer Doppel-Sigrune, dem Zeichen der SS, beschmiert wurde. Sie informiert die Autobahnmeisterei.

30. Oktober

Rechte Vorfälle an Schulen: In der Nordsee-Zeitung gehen die Schulleitungen des Gymnasiums am Schulzentrum Carl von Ossietzy und der Heinrich-Heinrich-Schule transparent mit rechten Vorfällen um. Es ging um den Umgang mit von Schüler:innen getroffenen Aussagen oder Beleidigungen, deren rassistischer Inhalt oder deren verletzende Wirkmacht diesen möglicherweise gar nicht voll bewusst ist. Inhalte und Verletzungspotential werden aktiv diskutiert. Als konkrete Vorfälle werden auftretende Hakenkreuzschmierereien sowie ein von einem älteren Schüler entwendeter und mit aufgemaltem Hakenkreuz an jüngere Schüler*innen der Nachbarschule zurückgegebener Basketball genannt. In diesem Fall habe der Ältere einen neuen Ball bezahlen müssen und sich entschuldigt. Gleichzeitig werden Schüler:innen thematisiert, die sich in der Schule angepasst verhalten, privat aber auf Partys zu Liedern mit rassistischen Songtexten feiern. Beide Schulleitungen berichten, dass bei der Junior-Europawahl im Frühjahr ungefähr 25 Prozent AfD gewählt hätten. Die Motivation der Schüler:innen hierfür sei erfragt worden. 

14. Oktober

Rassistischer Aufkleber in Walle: An Straßenlaternen neben einem Schul- und Kitagelände in Walle werden ein rassistischer und ein queer- und transfeindlicher Aufkleber verklebt. Auf dem ersten sind mehrere schwarze Personen (Piktogramme) dargestellt, die zwei weiße (Piktogramme) umstellen. Eine der weißen Personen hat eine Sprechblase neben sich und die behauptet, eine deutsche Minderheit an deutschen Schulen zu sein. Darunter ein Spruchband mit der Aufforderung, sich zu wehren. Ein Link verweist auf eine Hompage und einen Account in den sozialen Medien, die zu weiterer rechtsextremer Propaganda einer neonazistischen Jugendorganisation führen.

3. Oktober

Rechte Aufkleber neben Schule: Nahe der Oberschule am Waller Ring werden verschiedene rechte Aufkleber festgestellt und entfernt. Die Aufkleber gehören zu einer an Schüler*innen gerichteten Kampagne der extrem rechten Jugendorganisation einer Partei. Angelehnt an frühere Verteilungs-Aktionen von Rechtsrock-CDs an Schüler*innen wird diesmal eine Internetseite mit (extrem) rechten Positionen beworben. Neben der Bewerbung der Website fordern die Aufkleber dazu auf, sich (extrem rechts) zu organisieren und Kampfsporttraining zu machen. Die gleichen Aufkleber werden am selben Tag auch in der Nähe eines Hortes und Kindergartens in Walle festgestellt und entfernt.

15. September

Hakenkreuz an Schulgebäude: Auf eine Wartungstür einer Schule nahe dem Ernst-Reuter-Platz sprühen Unbekannte mit schwarzer Lackfarbe ein Hakenkreuz.

8. September

Großflächige NS-Symbole an Turnhalle: Über mehrere Meter sprühen unbekannte Täter*innen NS-Symbole mit den Farben Schwarz, Weiß und Rot an eine Turnhalle auf dem Sportgelände an der Marie-Curie-Schule. Eine Hakenkreuzfahne, eine Reichsfahne und ein Hakenkreuz. Darunter eine verbotene NS-Parole. Eine ähnliche Beschädigung auf dem ca. 50 Meter entfernten Wilhelm-Focke-Schulgelände ereignete sich im Juni 2020. Damals sprühten dort Unbekannte schwarze Hakenkreuze, antisemitische Darstellungen sowie Symbole der rechtsextremen „Identitären Bewegung“.

3. September

Bedrohliche rassistische Ansprache: Als eine Person die Straße entlang geht, wird sie von einem Autofahrer gestoppt und auf Deutsch angesprochen. Da die Person das Gesagte nicht versteht, öffnet sie eine Übersetzungs-App auf dem Handy und hält sie dem Fahrer entgegen. Dieser sagt, dass die AfD die Wahlen in Thüringen und Sachsen dominiert habe und die Person, die er offensichtlich als Nicht-Deutsch „erkannt“ hat, hier nicht erwünscht sei und Deutschland verlassen solle. Die betroffene Person fühlt sich seitdem sehr bedroht. Meldung ohne Angabe eines Ortes. 

Meldet hier Vorfälle: www.keine-randnotiz.de, unter „Vorfall melden“, melden@keine-randnotiz.de (auch verschlüsselt), 0176 7475 8535 (Telefon, WhatsApp, Signal, Telegram)