BLZ: In Bremerhaven ist bei der Einführung der Inklusion einiges anders gemacht worden, als in Bremen. So hattet ihr ein Vorlaufjahr. Und die SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurden nicht in sog. Inklusionsklassen zusammengefasst sondern auf die Klassen verteilt.
Elke Suhr: Ich war im ersten Jahr in der Oberschule als Sonderpädagogin in drei fünften Klassen tätig. Wir hatten damals noch bezahlte Arbeitszeit, um uns mit KollegInnen auszutauschen und Material vorzubereiten. Eine Team-Zeit zu haben, war besonders wichtig, gerade weil wir in Bremerhaven die Kinder auf die verschiedenen Klassen verteilt haben. Ich hatte zwei Stunden Kooperationszeit. Später waren diese Zeiten dann nicht mehr da.
BLZ: Bei der Planung sollten in den Klassen zwei Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen werden und es sollte einen Reserveplatz geben. Pro Förderkind sollten vier Stunden zusätzlich zugewiesen werden. Wie hat sich das seitdem entwickelt?
Elke Suhr: Die drei Plätze sind überall schnell ausgeschöpft worden. Und in vielen Einzugsgebieten ist es auch bei den drei Kindern nicht geblieben. Die vorgesehenen Plätze reichten nicht.
Ute Mittrowann: Im Primarbereich sieht das noch einmal anders aus. Die Kinder als Erstklässler mit einem Stempel zu versehen und gegebenenfalls aus unserem Stadtteil in andere Schulen zu schicken, weil bei uns die Förderplätze nicht ausreichen, widerspricht unserem Ansatz in der Arbeit. Das wäre wiederum Separation. Wir statuieren die Kinder jetzt nicht mehr, aber es muss festgestellt werden, wer Förderbedarf hat. Wir bekommen eine Grundzuweisung aufgrund der Annahmen über den durchschnittlichen Förderbedarf und geltender Sozialindikatoren. Seit zwei Jahren wird versprochen, die Sozialindikatoren zu überarbeiten. An einigen Standorten haben wir viel zu wenig Stunden. Aber das war vorher auch schon so. Es wird weiterhin nicht das aufgegriffen, was sich an den Schulen ereignet. Es geht nicht nur um Kinder mit Förderbedarf im Bereich Lernen, sondern auch um Zuwanderer, Sprachanfänger und sozial-emotionale Probleme - schlicht um die Inklusion aller Kinder.
Bernd Winkelmann: In der Oberschule gibt es jetzt auch eine pauschalierte Zuweisung pro Klasse von 8,5 Stunden (wir haben ja keine „Inklusionsklassen“). Das ist im Grunde eine Kürzung von 12 (wie ursprünglich vorgesehen bei drei "statuierten" Jugendlichen) auf 8,5.
Ute Mittrowann: Wir werden im nächsten Schuljahr für unsere 12 Klassenverbände 60 Stunden bekommen. Die Frage bleibt dabei, ob das auch real abgedeckt wird. Wir sind im Minus.
Inga von Hagen: Bremerhaven ist händeringend am Suchen. Und das betrifft besonders den Primarbereich.
BLZ: Nimmt Bremerhaven auch an der Weiterbildung Inklusive Pädagogik teil?
Bernd Winkelmann: Bremerhaven hatte ein eigenes Programm; drei Jahre lang im Umfang von 14 Stellen zusammen mit der Universität Oldenburg. In Bremen zog sich der Beginn zu lange hin. Bremerhaven hat mit eigenen Mitteln 42 KollegInnen weitergebildet. Dennoch ist der Bedarf weiterhin riesengroß.
Ute Mittrowann: Während der Weiterbildung haben die Schulen oft das Problem, dass es keinen Ersatz für die Freistellungen gibt, weil keine Menschen dafür da sind. Wir haben insgesamt ein Bewerberproblem.