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In Walle lern‘ se alle

Eindrücke eines Mitglieds des Stadtteilbeirates Walle

Kein anderer Stadtteil Bremens verfügt über eine solche Dichte unterschiedlichster Schulen und Berufsschulen wie Walle. Daraus folgt, dass der Beirat Walle mit seinem Fachausschuss Schulische Bildung, Weiterbildung und Migration sich eine erhebliche Kompetenz in Schulsachen angeeignet hat und die Entwicklung der verschiedenen Schulzweige in Walle wohlwollend, kritisch begleitet. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Arbeitsbedingungen, die Lehrerinnen, Schülerinnen und anderes Personal in der Schule vorfinden.

Zeitweilig hatte ich den Eindruck, auch die Bildungsbehörde sei an einer positiven Entwicklung des Schulsektors im Bremer Westen interessiert. Dieser Eindruck hat sich aber mittlerweile verflüchtigt. Beispielhaft dafür möchte ich den Umgang mit der BS GAV (Berufsschule für den Groß-, Außenhandel und Verkehr) nennen, sowie die Schulplanung im Grundschulbereich.

Die BS GAV wurde 1968 gegründet und ist damit noch nicht einmal 50 Jahre alt. Allerdings ist sie, so berichten ehemalige SchülerInnen, bereits seit den 80er Jahren in einem baulichen Zustand, der gesundes Arbeiten kaum zulässt. Seit den 90er Jahren ist die Schule und ihr Zustand auch immer wieder Thema im Beirat Walle und dieser hat bereits unzählige Male eine Sanierung und seit ca. 10 Jahren einen Neubau angemahnt. Die Kosten der Sanierung wurden über die Jahre durch IB immer wieder neu geschätzt, bis sie schließlich so hoch waren, dass ein Neubau der Schule wirtschaftlicher als die Sanierung wurde.

Den Auftrag einen Neubau zu erstellen hat sich seit zwei Jahren auch die Bildungsbehörde gegeben. Leider war diese bislang nicht in der Lage einen Standort für den Neubau zu benennen. Da der Neubau auf gemeinsamen Wunsch aller Beteiligten in der Überseestadt entstehen soll, muss die SKB mit der WFB und IB zusammenarbeiten und so kommen drei nur „eingeschränkt planungsfähige“ Institutionen zusammen. 2016 gab es eindeutige Beschlüsse der Bildungsdeputation und der Beirat Walle hat einige, nicht bebaute Grundstücke in der Überseestadt vorgeschlagen, die auch per ÖPNV gut zu erreichen sind. Von allen drei Institutionen gab es Zusagen für eine schnelle Bearbeitung aber passiert ist seitdem wenig bis nichts. Einige von der WFB vorgeschlagene Grundstücke, die in öffentlichem Besitz sind, waren nur über die Kooperation mit privaten Eignern zu erschließen und standen vorgeblich im Konflikt mit städtebaulichen Rahmenbedingungen. Planungen mit diesen Grundstücken wurden deshalb verworfen.

Erst am 15.12.2017 erschien im Immobilienportal Bremen die Ausschreibung eines Markterkundungsverfahren, bei dem Besitzer von Grundstücken in der Überseestadt und anderswo aufgefordert werden ihr Interesse am Schulneubau auf ihrem Grundstück zu bekunden. Bau und Planung der Schule sollen danach in einer ÖPP durchgeführt werden. Von den vom Beirat vorgeschlagenen Grundstücken ist erstmal nicht mehr die Rede. Entgegen den Erwartungen des Beirates werden damit wieder alle Planungsschritte auf Anfang gestellt und die ursprüngliche Zielplanung ist nicht mehr zu schaffen. Zum Vergleich: Im Nachbarstadtteil Gröpelingen wird bereits seit 2012 auf einem vorhandenen öffentlichen Grundstück der Neubau der Oberschule Ohlenhof geplant, bei der letzten Wahl wieder aufgegeben und dann die Planung wieder reaktiviert. Noch steht dort kein Stein auf dem anderen. Deshalb vermute ich, dass SchülerInnen, LehrerInnen und andere Beteiligte noch den 60. Geburtstag der BS GAV feiern können bevor etwas Neues entsteht.

Das andere Arbeitsfeld, dass mich aktuell beschäftigt ist die Planung im Grundschulbereich in Walle. Allerseits ist bekannt, dass der Stadtteil Walle durch die zunehmende Wohnbebauung im Ortsteil Überseestadt stark wächst. Die von der WFB genannten Zielzahlen sehen dort in Zukunft eine Wohnbevölkerung von 11000 Personen. Der Umstand, dass Menschen Kinder bekommen und diese Kinder 6 Jahre nach ihrer Geburt eine Schule brauchen, wurde bei den Planungen für die Überseestadt außer Acht gelassen. Bereits jetzt haben wir die Situation, dass die drei vorhandenen Waller Grundschulen im nächsten Jahr 50 zusätzliche SchülerInnen aufnehmen müssen. Dadurch wird die GS Nordstraße 4zügig und in der GS Melanchthonstraße zieht eine Klasse in die Hausmeisterwohnung, da ansonsten kein Raum zur Verfügung steht.

Beide Schulen verfügen nicht über ausreichend Räume um die Vierzügigkeit umzusetzen, da dies nur zu Lasten von Fach- und Differenzierungsräumen gehen kann und ein inklusiver und den aktuellen Herausforderungen angemessener Unterricht dann nicht möglich wäre.

Beide Schulen sollen bis 2025 Ganztagsschulen werden und benötigen dafür eine ganz neue Raumplanung, damit der Ganztag positive Wirkung entfaltet. Ganztagsschule bedeutet aber wieder Differenzierungsräume, Essensräume, Spielräume, Fachräume usw. Es muss also wieder gebaut werden. Da das nicht nur in Walle so ist, vermute ich, dass die Linnertsche schwarze Null nicht lange halten kann.

Mein Schluss daraus ist, dass eine weitere Belastung der bestehenden Grundschulen nach dem Motto: „Zusammenrücken spart Heizkosten“ nicht mehr hinnehmbar ist und die Bildungsbehörde zusammen mit WFB und IB aufgefordert werden muss so schnell wie möglich eine neue Ganztagsgrundschule in der Überseestadt zu planen und fertigzustellen. Diese sollte, perspektivisch gedacht, als Campusschule geplant werden und sowohl Grundschule als auch Oberschule auf einem Gelände beinhalten, weil ja bekannt ist, dass aus Grundschülern irgendwann Oberschüler werden und die Waller Oberschulen bis zum Stehkragen voll sind. Angesichts der Planungszeiten für Schulen in Bremen fordere ich, gemeinsam mit anderen Beiratsmitgliedern, den ElternvertreterInnen der Waller Grundschulen und der Initiative „Eltern West“ die sofortige Gründung einer neuen Grundschule in Walle. Diese könnte bis zur Fertigstellung der Campusschule Überseestadt in Containern auf dem Schulgrundstück der GS Nordstraße oder auf einem, angesichts der zurückgegangenen Flüchtlingszahlen, freiwerdenden Platz in der Überseestadt aufgebaut werden.

Joseph Heseding ist seit ca. 2004 Sprecher des Fachausschusses Bildung, Weiterbildung und Migration beim Beirat Walle, seit 1996 Mitglied dieses Fachausschusses

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