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„Ich sehe die Arbeit als Chance...“

Bachelorabsolvent*innen im Kampf

Seit einiger Zeit werden ja verstärkt Hilfskräfte in der Schule eingesetzt, weil der Mangel an Lehrkräften so groß geworden ist und die ausgebildeten so wenig, daß die Lücken mit Bachelorabsolventen und auch Studenten gefüllt werden.

Wie bist du zu deinem Einsatz in der Schule gekommen? Hast du dich beworben? Gab es Werbung an der Uni? Wer hat dich eingestellt? Wieviel Stunden pro Woche?

Ich bin mit Hilfe einer Kommilitonin an die Schule gekommen. Zunächst habe ich mit zehn Stunden pro Woche angefangen. Jetzt sind es 14 Stunden pro Woche.

Wie sind denn die finanziellen Angebote? Bist du mit dem Geld zufrieden, also etwa EG10, welches du bekommst? Oder entspricht es nicht einer Würdigung deiner Arbeit?

Im Vergleich zu meinen bisherigen Nebenjobs bin ich mit meiner finanziellen Situation ganz zufrieden. Da die Uni viel Zeit in Anspruch nimmt und wenig Luft lässt, wurde ich in meinen bisherigen Nebenjobs nicht so gut bezahlt.
Ich habe dennoch das Gefühl, dass die Arbeit der Studentinnen und Studenten in den Schulen als Arbeit zweiter Klasse gesehen wird. Ich bringe dieselben Leistungen wie meine Kolleginnen und Kollegen und erhalte trotzdem weniger Geld dafür. Ich kann somit die gleiche Arbeit machen, erhalten aber aufgrund meiner jetzigen Qualifizierung nicht den gleichen Lohn. Ich finde diese ambivalente Haltung merkwürdig und kann sie nicht nachvollziehen.

Wie wirst du im Kollegium deiner Schule aufgenommen/abgelehnt/unterstützt ? Gibt es da etwas Organisiertes, um dich zu unterstützen oder nicht? Wie reagiert das Kollegium? Hast du auch Unterstützung durch die Behörde oder das LIS?

Ich wurde von Anfang an sehr herzlich vom Kollegium aufgenommen. Ich kann mich immer auf meine Kolleginnen und Kollegen verlassen und hatte nie ein Gefühl von Ausgrenzung. Die Unterstützung erfolgte in Form von Unterrichtsmaterialien oder einfachen Tipps im schulischen Alltag. Die Schulleitung unterstützte mich, indem sie Seminarzeiten der Uni berücksichtigte. Ohne die Unterstützung der Schule ist die doppelte Belastung kaum zu ertragen.

Wie findest du selbst deine Arbeit im Unterricht, denn du hast ja nicht die Erfahrungen des Referendariats z.B.? Kommst du mit den SchülerInnen gut klar, oder welche Schwierigkeiten nerven dich besonders.

Die Arbeit macht mir großen Spaß, denn die bisherigen praktischen Erfahrungen, wie beispielsweise das Praxissemester, waren durch den Druck der Uni (Praktikumsberichte etc.) stark auf das Abarbeiten Prüfungsleistungen fokussiert. Jetzt habe ich die Möglichkeit mit einem „freien Kopf“ mich auf den schulischen Alltag zu konzentrieren. Ich finde, dass ich mit den Schülerinnen und Schülern gut klar komme. Ich sehe die Arbeit im Unterricht als Chance meine Stärken und Schwächen zu erkennen und an ihnen zu arbeiten.

Du studierst ja Lehramt hin zum Master. Wie organisierst du jetzt dein Studium? Gibt es Überschneidungen? Nimmt die Uni Rücksicht, bekommst du wegen der Tätigkeit in der Schule dafür Anrechnungen, sogar Creditpoints? Welche Probleme ergeben sich für Studium?

Die Uni hat mich sehr enttäuscht. Es gibt keine Anrechnung für unsere Arbeit. In einem Gespräch mit dem Zentrum für Lehrerbildung hatte ich das Gefühl, dass man meine Arbeit in der Schule eher negativ betrachtet.
Die Zulassung in die Seminare ist eine besondere Herausforderung. Viele Seminare überschneiden sich mit den Unterrichtsstunden. Eine freie Auswahlmöglichkeit gibt es nicht, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist. Die begrenzte Teilnehmerzahl führt dazu, dass nicht Interessenorientiert ein Seminar gewählt wird, sondern die Zeiten eine Rolle spielen. Die Einhaltung des straffen Zeitplans der Uni, die kaum Freiraum bietet, ist meiner Ansicht nach das größte Problem.

Siehst du an der Uni durch das Studium Bachelor/Master eine Gefahr, daß einige beim Bachelor bleiben und dann als Bachelorlehrkraft arbeiten in Zukunft. Für die Behörde wäre es ja billiger?

Nein, da nach 2 Jahren eine Verlängerung des Vertrages nicht mehr möglich ist. Außerdem denke ich, dass die ungleiche Entlohnung auf Widerstand stoßen wird.

Wie lange willst du die Tätigkeit an der Schule jetzt aktuell machen? Hast du Wünsche?

Ich habe nur noch ein Semester vor mir und hoffe, dass ich mein Studium gut abschließen werde. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass ich an der jetzigen  Schule mein Referendariat machen kann.

Deine abschließenden Bemerkungen/ Kritik?

Die Arbeit macht mir trotz doppelter Verantwortung (Schule und Uni) großen Spaß.
Ich würde mir wünschen, dass die Uni die schwierige Situation der Grundschulen erkennt und so die StudentInnen besser unterstützt.
Für die schlechten Bedingungen an vielen Bremer Grundschulen erhoffe ich mir von der Politik, dass nicht nur darüber geredet, sondern auch gehandelt wird.

Die Fragen stellte Wilfried Meyer