Begründung
Ende des letzten Schuljahres wurde deutlich, was der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung in den nächsten Jahren für die Schulen bedeutet: Kürzungen, die in den einzelnen Schulen nicht mehr aufgefangen werden können. Wenn der Personalhaushalt im Bereich Schulen bis 2015 um 20 Mio. € gekürzt werden soll, dann bedeutet dies, dass LehrerInnenstellen in erheblichem Umfang gestrichen werden – und das in einem Bundesland, das seit dem PISA-Bundesländervergleich von 2001 ohnehin als Schlusslicht der bundesdeutschen Schullandschaft gilt.
Aus den PISA-Ergebnissen muss geschlossen werden: Je weniger in die schulische Bildung investiert wird und je selektiver das Schulsystem ist, umso deutlicher schlägt die soziale Lage auf die Testergebnisse durch, umso größer wird die „Risikogruppe“, deren Testergebnis unter dem Mindeststandard liegt. Ein Bundesland also, in dem der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund sehr hoch liegt und in dem Kinderarmut verbreitet ist, muss besonders viel in Bildung investieren und ein möglichst integratives Schulsystem bereitstellen, um nicht in einen Teufelskreis zu geraten.
Aufgrund einer unvernünftigen Haushaltslogik wurden in der gesamten Phase der großen Koalition von SPD und CDU (1995-2007) die Schulen und Kitas massiv vernachlässigt. Ausgaben für Erziehung und Schulbildung galten als „konsumtiv“. Selbst der PISA-Schock von 2002 änderte daran nichts. Durch mehrere Einstellungsstopps reduzierte man die Zahl der LehrerInnenstellen in der Stadtgemeinde Bremen seit 1995 von 5100 auf unter 4500. Die rot/grüne Koalition beendete zwar den Abbau und besetzte seit 2007 die meisten frei werdenden Stellen wieder neu, aber das Versorgungsniveau blieb auf dem vorherigen niedrigen Stand.
Dieser starke Abbau führte zu einer deutlichen Verschlechterung der Schüler/Lehrer-Relation. Die Grenzen der Belastbarkeit des Personals sind längst überschritten.
Überall in Deutschland ist die Bildung unterfinanziert. Dabei hat sich Bremen mit seinen Personalkürzungen besonders „hervorgetan“. Die Schüler/Lehrer-Relation Bremens liegt heute unter dem Bundesdurchschnitt und ist bedeutend schlechter als in den anderen Stadtstaaten.
Die neuen Vorhaben der Senatorin für Bildung (Oberschule, Inklusion) waren von Beginn an unterfinanziert. Jetzt sollen in der zweiten Legislaturperiode auch noch 20 Millionen € im Personalhaushalt gestrichen werden. Damit wird das öffentliche Schulsystem in einen Zustand gebracht, in dem es immer weniger in der Lage ist, Defizite auszugleichen und im Bereich der Bildung einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit zu leisten.
In einer Regierungserklärung kurz vor der Bürgerschaftswahl erklärte Bürgermeister Jens Böhrnsen: „Der Weg ist steinig und dornig“, aber „zum ersten Mal hat Bremen die Perspektive, die volle finanzpolitische Handlungsfähigkeit zurück zu gewinnen“. Die Fakten versprechen das Gegenteil: Bremen hat sich seine Zustimmung zur Schuldenbremse im Bundesrat mit 300 Mio. jährlicher Beihilfe zum Schuldenabbau abkaufen lassen. Dafür muss der aktuelle Haushalt bis 2019 aber jährlich um 110 Mio. gekürzt werden. Zwar hat der Senat in einer Protokollnotiz festgehalten, dass dies nur bei stabilen Steuereinnahmen möglich sei, aber er demonstriert mit den Kürzungen seine Bereitwilligkeit, am Kaputtsparen der öffentlichen Haushalte durch Schuldenbremse und Niedrigsteuerpolitik teil zu nehmen.
Dieser Weg führt in die Sackgasse. Die neue Landesregierung ist gefordert, nicht nur in der Koalitionsvereinbarung oder in Protokollnotizen beim Sanierungsbeirat höhere Steuereinnahmen zu verlangen, sondern auch zusammen mit anderen notleidenden Ländern und Kommunen verstärkt in der Tagespolitik für eine bessere Finanzausstattung zu kämpfen.