Wohnortnahe Schule
Gemeinsam formulierten ZEB und GEW bei diesem Treffen die Forderung nach der „Priorität des Wohnortes“ bei der Aufnahme durch die Oberschulen. Dazu müssen das Schulverwaltungsgesetz (§ 6a) und die Aufnahmeverordnung öffentliche Schulen (§ 10) entsprechend geändert werden.
Bisher nehmen Oberschulen, die mehr Anwahlen als Plätze haben, bis zu einem Drittel Kinder auf, deren ausgewiesene Leistungen in Deutsch und Mathe über dem Regelstandard liegen. Die Folgen: Diese „attraktiveren“ Oberschulen nehmen leistungsstärkere SchülerInnen aus anderen Stadtteilen auf und sind leistungsmäßig besser durchmischt. Dafür müssen im Umkreis dieser Schule wohnende leistungsschwächere SchülerInnen ihren Stadtteil verlassen. (Das ist in diesem Schuljahr so in der östlichen Vorstadt geschehen.)
Gleichzeitig fehlen in den schwach angewählten Schulen die leistungsmäßig stärkeren SchülerInnen für eine gute Durchmischung. Quoten von unter 10 % für Kinder oberhalb des Regelstandards sind dabei normal. Das schränkt die Attraktivität dieses Schulen zusätzlich ein.
Als weiteres Problem benannte der ZEB, dass in diesem Jahr Kinder, die bisher keine Grundschule ihres Stadtteils besuchten, bei dieser Aufnahmeverordnung praktisch keine Chance hatten, ab der 5. Klasse eine überangewählte Oberschule ihres Wohnumfeldes zu besuchen. Das sind Kinder, die bisher im Stadtteil keinen Grundschulplatz gefunden hatten, aufgrund des fehlenden Ganztagsangebots in den benachbarten Stadtteil ausweichen mussten oder in eine private Grundschule gingen. Besserung könnte hier eine Änderung der Aufnahmeverordnung bringen, bei der das bisher abgeschwächte Regionalprinzip so realisiert wird, das der Wohnort und nicht der Besuch einer zugeordneten Grundschule maßgebend ist.
Eine Korrektur hin zur„Priorität des Wohnorts“, weg von der bisherigen „Priorität nach Mathe- und Deutsch-Leistung“ ist aktuell notwendig. So können die Stadtteile gestärkt und kann der Wanderung von Schülerströmen durch die Stadt entgegengewirkt werden.
Für die GEW reichen aber die Änderung der Aufnahmeverordnung und des Schulverwaltungsgesetzes nicht aus, um diesem Problem zu begegnen, das die „soziale Spaltung der Stadt“ in der Bildungspolitik sichtbar macht. Zusätzlich müssen Schulen in sozialen Brennpunkten, die meist weniger angewählt werden, besser ausgestattet werden! Qualität und Attraktivität können so erhöht werden.
Jedes Jahr wieder: Konkurrenz bei der Schulanwahl nach der Grundschule
Das Problem der wenig angewählten Schulen gibt es nicht erst seit dem neuen Schulgesetz. 1992 wurde die Konkurrenz zwischen den Schulen eröffnet.
Nach der Devise „Konkurrenz belebt das Geschäft“ wurden die Schulen der Sekundarstufe I stadtweit anwählbar. Schulbezirke haben für die Aufnahme nur eine zweitrangige Bedeutung.
Der „freie Markt im Schulwesen“ hat – wie seinerzeit von der GEW vorausgesagt - Sieger und Verlierer mit sich gebracht. Seit der Wiedereinführung des Gymnasiums ab Klasse 5 unter der Großen Koalition hat sich dieser Trend verstärkt. Die rot-grün-schwarze Bildungspolitik mit dem neuen Schulgesetz hat diese Spaltung nicht überwunden.
Schulen der verschiedenen Schularten in Innenstadtlagen und bürgerlichen Wohnquartieren werden stark angewählt. Die Separierung leistungsstärkerer Schüler in eigenständigen Gymnasien trägt dabei erheblich zu diesem Problem bei. Schulzentren und jetzt auch Oberschulen in sozialen Brennpunkten haben Probleme bezüglich ihrer Attraktivität. Die Folge: Ab der 5. Klasse bewegen sich täglich Schülerströme – meist leistungsstärkere Kinder - durch die Stadt Bremen. Ortsteile wie Gröpelingen, Neustadt, Woltmershausen, Hemelingen oder Blumenthal verlieren einen erheblichen Teil ihrer SchülerInnen nach der Grundschule. Schulen in Mitte/Östliche Vorstadt, Findorff und Vegesack bekommen Verstärkung und damit auch ein Raumproblem, während andererorts Klassenräume leer stehen.
Politik reagiert bisher auf dieses selbstverursachte Problem hilflos: „Neugründungen von Schulen“, Personalwechsel und Imagekampagnen sollen helfen. Vielfach wird seitens der Behörden Druck auf die Beschäftigte der sogenannten „Problemschulen“ ausgeübt und ihnen der schwarze Peter zugeschoben.
Die GEW fordert Maßnahmen der politisch Verantwortlichen:
- Priorität des Wohnorts bei der Aufnahme in die Oberschule (in Schulverwaltungsgesetz und Aufnahmeverordnung)
- Stärkung der Schulen in sozialen Brennpunkten durch erheblich höhere Personal- und Sachmittelzuweisung
- Schritte zur Überwindung von Separierung: Eine Schule für Alle!