Berufsverbot
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Solidarität mit Lisa – Gegen politisch motivierte Berufsverbote! Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus will Klimaaktivistin die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien verweigern
Lasst Lisa lehren!
Ende letzten Jahres drohte das bayerische Kultusministerium der Klimaaktivistin Lisa Poettinger an, ihr die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt (Referendariat) zu versagen, was faktisch einem Ausbildungsverbot gleichkommt. Nach jahrelangem Studium und einigen Zusatzqualifikationen soll Lisa ihre Ausbildung nicht beenden dürfen.
Lisa hatte bereits 2015 mit dem Abitur eine Auszeichnung für besonderes ehrenamtliches Engagement durch ihren Einsatz für Geflüchtete erhalten. Die über die Jahre ihres Aktivismus gewachsene Erkenntnis, dass unendliches Wachstum auf einer Erde mit begrenzten Ressourcen nicht möglich ist, führte sie zum Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München, wo sie sich auch während ihres Studiums weiter engagierte. Dieses organisierte zum Beispiel eine Kampagne im von Armut betroffenen Münchner Viertel Hasenbergl gegen eine Autobahn durch Parks und Spielplätze oder Proteste gegen die Automobilmesse IAA. Deshalb wirft das bayerische Kultusministerium Lisa nun u. a. vor, eine Verfassungsfeindin zu sein.
Eine Zulassung zum pädagogischen Vorbereitungsdienst sei zu versagen, weil Lisa für die Tätigkeit als Lehrkraft ungeeignet erscheine. In Artikel 12 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz steht: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“ Da der Staat das Ausbildungsmonopol beim Lehramtsreferendariat innehat, kann Lisa ohne Zulassung zum Vorbereitungsdienst ihre Berufsausbildung nicht beenden. Hier sehen wir ihr Grundrecht auf freie Berufswahl stark eingeschränkt.
Wie jede andere Berufsgruppe auch haben Lehrkräfte das Recht, privat politisch engagiert zu sein. Besonders an Schulen, an denen Kinder und Jugendliche in Demokratie, Kritikfähigkeit und Meinungsfreiheit erzogen werden sollen, sind politisch engagierte Lehrkräfte erforderlich, die diese Werte nicht nur vermitteln, sondern auch selbst vorleben. Es ist ihr Bildungsauftrag, unter Wahrung des Neutralitätsgebots und Indoktrinationsverbots, zukünftige Generationen zur Mündigkeit zu erziehen. Kritik an der gesellschaftlichen Ordnung muss nicht nur erlaubt sein, sondern ist essenziell für die fortwährende Weiterentwicklung unseres Zusammenlebens.
Wir rufen daher dazu auf: Solidarisiert euch mit Lisa und unterzeichnet folgenden Aufruf!
Wir sind schockiert von der Absicht des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Lisa die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt zu versagen! Egal ob wir Lisas Einschätzungen und Herangehensweisen teilen oder nicht: Einer engagierten Person aus politischen Gründen den Berufsweg, ja sogar den Abschluss der Ausbildung zu verweigern, halten wir für skandalös! Klimaaktivismus und kritischer politischer Diskurs kann nicht mit dem Agitieren von erklärten Verfassungsfeind*innen und Rechtsextremist*innen gleichgesetzt werden.
Ein Berufsverbot stellt einen eklatanten Eingriff in die Grundrechte einer Person dar. Es beschneidet die Freiheit, über den eigenen beruflichen Lebensweg zu bestimmen; es beschneidet das Recht auf Bildung; die Möglichkeiten, die eigene existenzielle Grundlage zu sichern. Darüber hinaus geht es mit einer immensen gesellschaftlichen Ächtung und Ausgrenzung einher.
Deshalb fordern wir das bayerische Kultusministerium dazu auf, Lisa den Eintritt in den Vorbereitungsdienst zeitnah zu ermöglichen und ihr damit ihr Grundrecht auf Ausbildung nicht weiter zu verweigern!