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Personalrat Schule

„Es ist an der Zeit umzudenken“

Angelika Hanauer ist neue Vorsitzende des Personalsrats Schulen in Bremen

Wie wir alle wissen, steht es um unser Bildungssystem nicht zum Besten. Diejenigen, die in den Schulen arbeiten, benötigen für diese Erkenntnis allerdings nicht erst einen Vergleichstest – sie spüren das jeden Tag bei ihrer Arbeit, die mit jedem Jahr herausfordernder und oft auch belastender wird. Nach dem sogenannten Pisa-Schock vor gut 15 Jahren, gab es im Bildungssystem eine Menge Veränderungen: Die Novellierung des Schulgesetzes hat zu einem Abbau von demokratischen Strukturen in den Schulen geführt. Lehrkräfte haben immer neue Aufgaben hinzubekommen, ohne dass es jemals entsprechende Entlastung gegeben hätte. Im Gegenteil sind Entlastungsstrukturen, die es früher gab, abgebaut worden. Die Inklusion wurde ohne ausreichende Finanzierung umgesetzt, der Ganztagsaufbau galoppiert oft den wahren Begebenheiten vor Ort voraus und es kamen Menschen mit anderen pädagogischen Professionen in die Schulen, deren Einbindung und Arbeitsstrukturen erst im laufenden Prozess entwickelt wurden.

Angesichts der Tatsache, dass Bremen aktuell im Ländervergleich immer noch an letzter Stelle liegt, könnte man ja jetzt einmal die Sinnfrage stellen. Denn anscheinend haben die Maßnahmen nicht zum gewünschten Ziel geführt. Erstaunlicherweise stößt man damit aber bei der Bildungsbehörde auf taube Ohren. Dort scheint man der Meinung zu sein, all das, was man bisher an Veränderungen initiiert hat, sei richtig gewesen und man müsse noch weiter in die gleiche Richtung voranschreiten.

Ich glaube, es ist an der Zeit umzudenken und endlich wieder die zu Wort kommen zu lassen, die wirklich wissen, was in den Schulen benötigt wird, nämlich diejenigen, die mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten. Wir brauchen wieder mehr Demokratie in den Schulen und lebendige Konferenzen mit echten Entscheidungsbefugnissen. Außerdem ist eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung, aber auch eine deutliche Entlastung von überflüssigem Ballast, sowie eine Konzentration auf das Wesentliche, den Unterricht und die Schüler*innen, überfällig. Dazu ist es dringend notwendig, dass genügend Fachkräfte, und zwar voll ausgebildete, an den Schulen sind. Das sind  unabdingbare Voraussetzungen für guten Unterricht.

Als Vorsitzende möchte ich gemeinsam mit meinen Kolleg*innen im Personalrat, den anderen Interessenvertretungen und mit euch Kolleginnen und Kollegen an den oben genannten Zielen arbeiten, damit unser Arbeitsplatz Schule ein Ort ist, an dem man mit Freude, sinnerfüllt und gesund arbeiten kann.

Mehr Zeit für die eigene Klasse

Michal Myrcik tritt als Vorsitzender des Personalrats Schulen zurück

Zunächst einmal möchte ich mich für das Vertrauen und die Zusammenarbeit bedanken. Sei es im PR-Schulen, mit der GEW oder im Bremer Bündnis für Bildung - es hat mich unheimlich bereichert und ich habe es mit Freude gemacht.

Nun ist es an der Zeit, dass ich mich stärker auf die Arbeit in der Schule konzentriere. Ich bin Sonderpädagoge und Sportlehrer einer 8. Klasse an der Gesamtschule West. Meine Klasse besteht aus Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf und zwei Sprachanfängern. Seit ich mich entschieden habe die Verantwortung als Vorsitzender zu übernehmen, wurde kein adäquater Ersatz gefunden, „selbstverständlich nicht“, denkt man fälschlicher Weise heutzutage. Gleich vier nicht voll ausgebildete Kollegen, kämpften sich ab, die Klasse geriet in eine Abwärtsspirale. Dieser negativen Entwicklung möchte ich nun entgegentreten.

Die Situation in meiner Klasse ist nicht losgelöst von der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung zu sehen. Der Abbau von demokratischen Strukturen, die Segregation und das hierarchisches Denken bilden den Rahmen für die derzeitige Bildungspolitik. Der Mensch, sei es Kollege/Kollegin oder Schüler/Schülerin zählt nur nach der Verwertungslogik etwas. Fehlgeleitete, neo-liberale Ideen befeuern und bestärken rechtes Gedankengut und treiben die Spaltung in unserer Stadt voran. Mehr Tests, mehr Leistung und mehr Kontrolle, so verwundert es nicht, wenn eine ehemalige Arbeiterpartei deutschlandweit die Menschen verliert. Alle solidarischen und progressiven Pädagogen müssen Fakten schaffen, Bedingungen verbessern und Forderungen stellen. Dazu gilt es, an der Basis zu arbeiten in der Schule und im Stadtteil. Nur dann nehmen die politisch Verantwortlichen ihre Verantwortung tatsächlich wahr.