Denn in der Stadtregion Bremen/Bremerhaven mit weit über einer Million Einwohnern befinden sich die Arbeits- und Ausbildungsplätze überwiegend in den Kernstädten, d.h. auf dem Gebiet des Stadtstaates, während die Hälfte der Bevölkerung in Niedersachsen wohnt.
So ist es vor diesem Hintergrund nicht so sehr verwunderlich, dass von den SchulabsolventInnen nach dem 10. Jahrgang nur 10% (551 von 5524) in ein duales Ausbildungsverhältnis überwechselten. Und in Bremerhaven liegt der Prozentsatz mit ca. 5% noch niedriger. Hierbei spielt sicherlich auch die Tatsache eine Rolle, dass die Ortsteile außerhalb der Stadtstaatengrenze eher von einer Mittelschicht bewohnt werden, die über Arbeit, höhere Einkommen und bessere Bildungschancen verfügt, während sich in manchen Wohngebieten der Kernstädte die sozialen Probleme konzentrieren.
Das ist der Hintergrund, vor dem die „Bremer Vereinbarungen für Ausbildung und Fachkräftesicherung“ sowie die Diskussion in der Bürgerschaft über eine „Ausbildungsgarantie“ zu betrachten sind.
Die „Bremer Vereinbarungen“
Alljährlich treffen sich Unternehmensverbände, staatliche Vertreter und der DGB um Vereinbarungen über Ausbildungsmaßnahmen zu beraten. Solche „Ausbildungsbündnisse“ sind überall in Deutschland entstanden, nachdem der Gesetzentwurf für eine Ausbildungsabgabe der Betriebe, die nicht ausbilden, 2005 am Widerstand der Unternehmen und einem sich diesem Widerstand beugenden „Kanzlerwort“ von Gerhard Schröder gescheitert war. In den „Vereinbarungen“ werden Ziele für Zwei-Jahres-Zeiträume definiert. Aber seit der letzten Vereinbarung von Ende 2010 hat sich die Situation in Bremen und Bremerhaven nicht verbessert, im Gegenteil: Die Gesamtzahl der besetzten Ausbildungsplätze ist in der Laufzeit um 6,3% gesunken. Verschärft wird die Lage dadurch, dass zusätzlich zu den SchulabsolventInnen nach Angaben der Agentur für Arbeit weitere 2600 Jugendliche gemeldet sind, die schon länger eine Lehrstelle suchen. 50% davon sind älter als 20 Jahre.
Was ist geplant?
Schon in der letzten Vereinbarung war von den Unternehmensverbänden versprochen worden, die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze zu erhöhen. Im Gegenzug sollte das „Übergangssystem“, also die Vielzahl der teils schulischen, teils außerschulischen berufsvorbereitenden und berufsqualifizierenden Maßnahmen reduziert werden. Diese Absicht wird jetzt erneuert, obwohl die Versprechung von mehr Lehrstellen nicht eingehalten worden ist.
Außerdem soll das „Matching“ verbessert werden. Hierunter wird „die bessere Abstimmung von Ausbildungswünschen und Ausbildungsplätzen“ verstanden. Die Senatsressorts für Arbeit, Bildung und Soziales planen die Einrichtung einer „Jugendberufsagentur“ nach Hamburger Vorbild (s. hierzu S. …), nachdem bereits im vergangenen Jahr eine „Zentrale Beratungsstelle Bremen“ eingerichtet worden war (S. S. …). Als ihre beabsichtigte Funktion wurde in den Unterlagen der Vereinbarung explizit die „Begrenzung berufsvorbereitender Maßnahmen im schulischen und außerschulischen Übergangssystem“ formuliert.
Weiterhin gehört die „Verbesserung der Berufsorientierung und Ausbildungsfähigkeit“ zum Programm. Als Maßnahmen werden die „Implementierung der neuen Richtlinie zur Berufsorientierung“, der Berufswahlpass, Fortbildungen durch das LIS mit Hilfe des unternehmensnahen „Instituts für ökonomische Bildung“ aus Oldenburg und die „Einführung flächendeckender „Potentialanalysen“ durch externe Träger genannt.
Kritik aus den Schulen
Die Veränderungen, die in den letzten Jahren verordnet worden sind, wurden in unserer Zeitung schon häufiger kritisiert. Sie haben die Möglichkeiten einer erfolgreichen Arbeits- und Berufsorientierung eher verschlechtert als verbessert. Die Stundentafel für Arbeitslehre wurde gekürzt. Die Funktionsstelle für Arbeits- und Berufsorientierung fiel dem neuen Funktionsstellenraster zum Opfer. Stattdessen wurden in den Verordnungen die Anforderungen erhöht und zur „Querschnittsaufgabe“ aller erklärt. Das erhöht die Arbeitsbelastung der KlassenlehrerInnen. Die Aufgabe wird zu einer unter vielen. Aber Papier ist ja geduldig.
„… immer um den heißen Brei herum“
Die Masse von Papieren und Statistiken, die sich mit dem Thema „Übergang in den Beruf“ beschäftigen, ist erschlagend. Wie auch in anderen Bildungsbereichen wird mehr gemessen als bewegt. Kürzlich hat die Bremer SPD sich für eine „Ausbildungsgarantie für Schulabgänger“ ausgesprochen. Wie diese jedoch realisiert werden soll, bleibt offen. Dabei sind die Fakten eigentlich klar: Entweder gibt es mehr betriebliche Ausbildungsplätze oder es müssen mehr vollzeitschulische Ausbildungen stattfinden. Beides kostet Geld – das eine für die Unternehmen, das andere für den Staat. Solange um diesen heißen Brei herumgeredet wird, wird sich an der Lage der Jugendlichen wenig ändern.