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Digitalisierung

Der Schwanz wackelt mit dem Hund

Der Digitalpakt und die derzeitige Bremer Wirklichkeit

Als am 15. März der Bundesrat der Änderung des Artikels 104c des Grundgesetzes zustimmte, materialisierte sich langsam eine politische Fata Morgana. Die Gesetzesänderung ermöglicht Finanzhilfen des Bundes für die Bildungsinfrastruktur, wodurch der Digitalpakt Schule endlich in Kraft treten konnte. Der Bund investiert fünf Milliarden Euro verteilt über fünf Jahre in die digitale Infrastruktur der Schulen. Bremen bekommt 48 Millionen vom Kuchen ab; 9,6 Millionen Euro pro Jahr.Hinzu kommen 4,8 Millionen (zehn Prozent) die Bremen aus eigenen Mitteln investieren muss.
Dieser Einigung war ein jahrelanger Prozess vorausgegangen, in dessen Verlauf nicht wenige Zweifel erhoben, ob überhaupt jemals Bundesmittel fließen würden. Bereits im Oktober 2016 kündigte die damalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) das milliardenschwere Paket an. Böse Zungen
behaupten, dass sie damit der KMK-Präsidentin und Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) das Wasser abgraben wollte, die die Digitalisierung zum vielbeachteten Thema ihrer KMK-Präsidentschaft machte. Doch nach den großen Ankündigungen passierte über zwei Jahre herzlich wenig. Die ››Wanka-Milliarden« waberten durch den politischen Raum und sorgten für weiteren Investitionsstau. Schließlich wollte kein Bundesland einen Sack voll Geld für die digitale Infrastruktur in die Hand nehmen, solange die »Wanka-Milliarden« in Aussicht standen. Wanka erlebt die Umsetzung des Digitalpakts nun nicht mehr im Amt, inzwischen hat mit Anja Karliczek ihre bemerkenswert ahnungslose Nachfolgerin das Ministerium übernommen.
Nun könnte man meinen, dass die Länder jahrelang und somit ausreichend Zeit hatten, sich auf den Digitalpakt vorzubereiten. Ohnehin wäre auch für den Moment keine besondere Eile geboten, denn die Mittel können ja über fünf Jahre abgerufen werden. Doch die Behördenspitze sah offenbar Handlungsdruck, der schwerlich anders als durch den nahenden Wahltermin, zu erklären ist. Zehn Tage vor dem Urnengang, am 16. Mai, schickte die Senatorin ein Schreiben an die Schulen, in dem sie den Schulen Initialbudgets ankündigt, um »es Ihnen zeitnah zu ermöglichen, bewährte Digitalisierungsmaßnahmen auszuweiten und neue Ideen zu erproben<<. Grundschulen und Förderzentren können sich über 5.000 Euro freuen, Oberschulen über 10.000 Euro, Gymnasien, sowie Oberschulen mit gymnasialer Oberstufe über 15.000 Euro und berufliche Schulen über 20.000 Euro. Für dieses Geld sollen die Schulen sowohl Soft- als auch Hardware, in Form von Präsentations- oder Interaktionsgeräten (interaktive Tafeln, Beamer, Flachbildschirme, Dokumentenkameras, usw.) kaufen können.

Der Pferdefuß wurde bei einem Infotermin kurz danach deutlich: Der hastig angestoßene Prozess zur Umsetzung des Digitalpakts ist alles andere als abgeschlossen. Bislang ist noch nicht einmal klar, wie groß das Gesamtbudget der einzelnen Schulen sein wird. Auch die sogenannten Warenkörbe sind noch nicht fertig.
Sie sollen verhindern, dass es zu einer starken Fragmentierung der Hardware und in der Folge zu Problemen beim Support kommt. In den Warenkörben sollen am Ende einige wenige Produkte aus den unterschiedlichen Kategorien liegen. Die Schulen werden also möglicherweise zwei interaktive Projektoren zur Auswahl vorfinden, ebenso einige wenige interaktive Tafeln, usw. Dieses Vorgehen ist sicherlich sinnvoller, als wenn Schulen mit ihren Budgets in den nächsten Elektrofachmarkt laufen und sich dort an der gesamten Breite des Sortiments bedienen. Zum einen wird man bei zentraler Beschaffung günstiger einkaufen können, zum anderen ist es sehr viel einfacher Ersatzteile, wie Projektorlampen, für einige wenige Geräte zu beschaffen. Ganz zu schweigen von den Problemen, die das auf Seiten der Aus- und Fortbildung nach sich zöge.