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Schwerpunkt

„Der Schulkonsens muss weg“

Linken-Bildungspolitikerin Miriam Strunge über Armut, Ganztagsbetreuung und wie Schule anders gestaltet werden muss

Foto: Die Linke

Es gab gerade die Umfrage und eine große Unzufriedenheit mit dem Bildungsressort. Bremen schneidet in den Tests sehr schlecht ab. Warum?

Weil wir besondere Armutslagen hier in Bremen haben, da müssen wir gegen steuern. Wir haben insgesamt zu wenig Mittel. Andere Stadtstaaten geben mehr aus, wir haben 2000 Euro weniger pro Schüler*in als in Hamburg. Das Bildungssystem in Bremen ist unzureichend aufgestellt.

Was tut DIE LINKE dafür?

Ein Punkt ist die Einführung der Doppelbesetzung in Grundschulklassen, im besten Fall eine Erzieherin, zur Unterstützung und besseren Förderung von Kindern. Deutlich mehr Personal, das wollen wir auf jeden Fall ausbauen. Wir haben die Rebuze gestärkt. Da darf es keine langen Wartelisten geben. Da haben wir mehr Geld dem Rebuz zur Verfügung gestellt. Temporäre Lerngruppen haben wir ausgebaut.

Das waren ja Ziele und Versuche, aus den Schulen kommt aber die Meldung, das Personal fehle, sie seien nicht genügend ausgestattet. Was muss passieren, damit Zufriedenheit entsteht?

Die Ausstattung auf dem Papier ist oft da, aber in der Praxis ist sie nicht da. Wir haben ein riesengroßes Problem. Die Abschaffung der Studiengänge wie Behindertenpädagogik oder Sport war falsch. Die Studienkapazitäten im Lehramt müssen wir ausbauen. Insbesondere in der inklusiven Pädagogik. Im Moment akut bringt das wenig, weil die Ausbildung dauert. Wichtig ist, dass wir im Quereinstieg neue Wege ausprobieren, z.B. mit der Ein-Fach-Lehrkraft, wir brauchen die Köpfe. Wir als Linke finden wichtig, dass man den Qualitätsanspruch nicht aus dem Auge verliert. Insbesondere das pädagogische know-How soll durch Fortbildungen zugeführt werden.

Auf der letzten PV wurde vom Personalrat bemängelt, dass der Versorgungsgrad im Durchschnitt weit unter Hundertprozent liegt, davon sind wir weit entfernt?

Ja, davon sind wir weit entfernt.

Was ist das Besondere an der Bildungspolitik der Linken, auch im Vergleich mit der SPD?

Wir legen immer den Fokus auf die Schulen in benachteiligten Stadtteilen. Dort wollen wir, dass diese Schulen die am besten ausgestatteten Schulen werden. Mit Personal, mit Sachmitteln, mit zusätzlichen Stunden, auch Entlastungsstunden für die Personen, die dort arbeiten. Immer die Schulen mit Sozialstufe 4 und 5, das ist uns wichtig, dort sollen die Maßnahmen greifen. Wir sehen aber, dass wir es immer noch nicht schaffen den Bildungserfolg und die soziale Herkunft zu entkoppeln. Das finden wir so dramatisch, dass wir eine Enquete-Kommission einrichten wollen, die sich um diese Frage kümmert. Die Koppelung soll abgeschafft werden. Dafür sollen wissenschaftlicher Input und Politik an einen Tisch kommen. Wir können es uns nicht leisten, diesen eklatanten Missstand zu akzeptieren. Alle sagen das, aber die Maßnahmen haben dafür anscheinend bisher nicht ausgereicht. Deshalb sollen in der Enquete Bildungsvorschläge entwickelt werden.

Abgegrenzt zur SPD: Uns ist auf jeden Fall für die Zukunft wichtig, dass wir den Schulfrieden beenden. Und dass wir wieder darüber sprechen, wie Schule anders gestaltet werden muss. Die Selektion in Oberschule und Gymnasium nicht weiter fortführen, das befördert oft die soziale Spaltung. Und bisher wurde ja der Deckel drauf gehalten. Wir können nicht erst 2028 überlegen, was wir für Bremen wollen. Wir erteilen dem Gymnasium eine Absage.  Wir wollen Schule neu denken, projektorientiert. Wir wollen Reformschulen stärken. Jetzt gibt es ja Planungen für die Jugendschule, das unterstützen wir, finden aber wichtig, dass diese sich in einem benachteiligten Stadtteil ansiedelt, für eine gute soziale Durchmischung.

Die Forderung der Gewerkschaft ist ja schon lange die nach „Einer Schule für alle“?

Diese Forderung haben wir weiterhin.

Ab 2026 gibt es ja den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Viele sehen das als Chance, die Spreizung der Schere zu verringern. Sehen Sie da überhaupt die Chance, dass das klappen kann? Wir sehen nicht, dass das in zwei, drei Jahren soweit ist.

Wir wollen das umsetzen, ich halte das für notwendig, diesen Rechtsanspruch durchzusetzen. Das wird aber eine Herausforderung bei der Personallage, wie sie im Moment ist. An dem Ziel möchte ich in keiner Weise rütteln.

Abschlussfrage: Wenn die Linke das Bildungsressort leiten würde, was würden Sie als Erstes machen? Kurz gesagt?

Wir würden als Allererstes alles dafür tun dass wirklich die notwendigen Mittel für Bildung bereit gestellt werden, um vernünftige Maßnahmen umzusetzen. Dann würden wir als Erstes den Personalnotstand an den Schulen in den benachteiligten Stadtteilen versuchen zu beheben, und wir würden den intensiven Fokus darauf legen, die Inklusion auch qualitativ zu untermauern.