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Schwerpunkt

Der persönliche und direkte Umgang ist von besonderer Bedeutung

Die Corona-Pandemie erschwert die so dringend nötige Beziehungspflege zu jungen Geflüchteten

Foto: Susanne Carstensen

Der Alltag der geflüchteten Schülerinnen und Schüler ist mit unterschiedlichen Arten von Problemen behaftet, die das Lernen in der Schule stark beeinflussen. Sie sind durch ihre Fluchterfahrung zu einem großen Teil Opfer von Gewalt geworden, bevor sie in Europa ankamen. Sie sind fern von ihren Familien, Heimatkulturen bzw. Sprachen. Dazu kommen die aufenthaltsrechtlichen Unsicherheiten und Ungewissheiten, die sicherlich hinderlich für die Motivation am Schulgeschehen sind. Oft wird beobachtet, dass Geflüchtete sich schnell in sprachhomogenen Gruppen mit ähnlichem kulturellem Hintergrund zusammenfinden. Die Suche nach Seinesgleichen wird oft durch das „Verstanden-Werden“ über die Sprache hinaus begründet. Das Zusammenkommen solcher Zweckgemeinschaften kann sich zu Anfang als nützlich erweisen. Der Austausch in schwierigen Zeiten hilft sowohl seelisch als auch sachlich sehr. So kann ein freundlicher Beistand eine große seelische Hilfe sein. Darüber hinaus kann der Austausch von Erfahrungswerten das Leben auf verschiedenen Gebieten erleichtern.

Der intensive Umgang in solchen Gruppen kann aber auch beim Spracherwerb Hürden aufstellen und dem Integrationsprozess hinderlich entgegenwirken. Das Gefühl, alle alltäglichen Belange in der Muttersprache bzw. mit Hilfe der Sprachmittler bewältigen zu können, drängt sowohl die Lust als auch die Notwendigkeit des Spracherwerbs nach hinten. Wenn man sich nur in einer sprachlich und kulturell vertrauteren Umgebung wohlfühlt, spürt man weniger die Neugierde für eine neue Kultur, was ein Bestandteil der Integration ist.

Bildungsteilhabe als großes Ziel

Mein beruflicher Werdegang in verschiedenen Bereichen der Migrationsarbeit ermöglicht es mir, eine gewisse Empathie für die geflüchteten Schülerinnen und Schüler zu entwickeln. Deswegen habe ich ein offenes Ohr für ihre Alltagsprobleme, die nicht immer mit dem Bildungssystem zu tun haben. Ich sehe aber meine Aufgabe darin, Lösungen bzw. Lösungsansätze für ihre Probleme zu entwickeln, damit sie an der Bildung teilnehmen können. Wenn die bereits genannten Hindernisse und Ausreden im Vordergrund stehen und die Teilnahme am Schulalltag behindern, wäre meine Arbeit nicht getan. Wir können uns gemeinsam auf den Weg machen, Lösungen zu erarbeiten. Das kann aber nicht unabhängig davon geschehen, dass man bestimmte Grundsätze erkennt und anerkennt. Die genannten Probleme dürfen den bestehenden Ist-Zustand, dass man sich hier und jetzt in Sicherheit befindet, nicht überschatten. Das deutsche Schulsystem bietet unterschiedliche Möglichkeiten, auch über Umwege verschiedene Zielsetzungen zu erreichen. Persönliche Zielsetzungen und ernsthafte Bemühungen auf diesem Weg können dem Leben in der Fremde einen Sinn verleihen und es erträglicher gestalten. Die Hürden, die für eine vollständige Beteiligung am Schulalltag da sind, sollen ernstgenommen werden. Die Lösung vieler alltäglicher Probleme liegt aber in der schulischen Bildung, die den Grundsatz für eine berufliche und soziale Integration bildet. Es gibt dennoch Möglichkeiten und Wege, um Defizite in dieser Form auszugleichen, um an den beruflichen Werdegängen teilzuhaben.

Problem Distanzunterricht

Der persönliche und direkte Umgang mit Geflüchteten ist demnach für unsere Arbeit von besonderer Bedeutung. Während der Pandemie war es kaum möglich, darauf zurückzugreifen. Die Auswirkungen beim Fehlen der persönlichen Kontakte zeigen sich sowohl im Schulalltag als auch bei den Kontakten mit Behörden. Der Distanzunterricht stößt auf gewisse Schwierigkeiten und erfordert bestimmte Kompetenzen, die vorher intensiv trainiert werden sollten. Auch wenn diese Schwierigkeiten bzw. Erfordernisse keine speziellen Problematiken der Geflüchteten sind, sondern allgemein alle betreffen, bauen sie, wenn man Sprachdefizite und Bildungslücken dazu rechnet, größere Hürden auf.

Unsicherheit und Verzweiflung

So wie vorhin erwähnt, ist der Behördengang zur Corona-Zeit fast vollständig auf E-Mail bzw. Telefonate umgestellt. Wenn man bedenkt, dass das Nichterreichen der entsprechenden SachbearbeiterInnen Lebensgrundlagen beeinflusst wie zum Beispiel Kindergeld bzw. Aufenthaltsstatus, kann man sich die Unsicherheiten bis hin zur Verzweiflung leicht vorstellen. Das Leben in Deutschland fordert von allen Bürgerinnen und Bürgern einen gewissen Einsatz und den Willen zum Erwerb von Kompetenzen. Die geflüchteten Menschen kann man nicht pauschal davon befreien. Die spezielle Lage der geflüchteten Menschen, muss erkannt werden, um sinnvoll entsprechend zu handeln. Die Anstrengungen sollen allen dabei helfen, gemeinsam am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.