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Schwerpunkt

Das Ende der Fahnenstange

Kita- und Schulbeschäftigte, Gewerkschaft und Politik in der Endlosschleife

Foto: Susanne Carstensen

WAZ vom 30. Dezember 2022, ein Interview mit Saskia Esken, SPD: „Der aktuelle Bildungstrend (des IQB) hat Erschreckendes zutage gefördert: Ein Viertel der Kinder erwerben(!!) in der Grundschule nicht die notwendigen Basiskompetenzen, um mit Erfolg eine weiterführende Schule zu besuchen…Das ist ungerecht…Bildungschancen hängen in Deutschland immer noch viel zu stark vom Elternhaus ab…Das ist für ein Land wie Deutschland unwürdig. Wir brauchen deshalb besser ausgestattete Kitas und Schulen mit mehr Ganztagsbetrieb- zur Stärkung der Sprachkompetenz und für die bestmögliche Förderung aller Kinder.“ Wovor erschrickt sie sich, die Fakten sind seit Jahren bekannt, die SPD seit Jahren in der Regierung der BRD und auch der Länder. Warum tun sie nichts und reden nur? Mit diesen Statements, besonders vor Wahlen, könnte man ganze Schulen tapezieren. Die Frau ist Bundesvorsitzende der Sparpartei, weiß sie gar nichts vom Bildungsbereich. (Immerhin hat sie ihr Studium abgebrochen) Wie oft haben wir Fachleute obige Sprechblasen schon gehört? Dutzendfach seit PISA 2004!

Szenenwechsel: Personalversammlung im Dezember

Auf viele brennenden Probleme vom Personalrat angesprochen, hatte die anwesende Senatorin Aulepp überwiegend folgende Antworten: Das müssen wir uns genau angucken, wie kann das gelingen, werden gemeinsam hinschauen auch mit Personalrat, da werden wir genau hinschauen als Behörde, da müssen wir nach vorne gucken- uns aber nicht verstecken…Und solche Auftritte sind uns jahrelang geboten worden. Konkrete Zusagen: Fehlanzeige. Investitionen: nur notwendige und um weiteren Zusammenbruch zu kaschieren. Es fehlt natürlich am Geld (,für die Rüstung sind sie fix, für die Bildung tun sie nix! Uraltspontispruch, gilt aber immer noch?)

Deformierung der Bildung

Und deshalb wird die Situation inzwischen zurecht von vielen Schulbeschäftigten und Eltern als Bildungsnotstand oder Bildungskatastrophe oder besser noch als Armutszeugnis bezeichnet.

Irgendwann hat man die Nase voll und sagt sich, jetzt reicht`s. Nicht umsonst steigen die Zahlen zu Teilzeit und Krankheit, unser Beruf leidet an Attraktivität, weil die Bedingungen im Lauf der Jahre immer schlechter geworden sind. Äußerungen von 35jährigen „ob ich das mein ganzes Berufsleben machen möchte, bezweifle ich“ hört man jetzt öfter. Über pädagogische Inhalte und Fragen finden kaum noch Gespräche oder Diskussionen statt. Einerseits, weil die Zeit knapp ist neben vielen überflüssigen Aufgaben.

Testunkultur-Inkompetenz

Andererseits weil unsere Kerntätigkeit des Unterrichtens und pädagogischen Beurteilens immer mehr in Korsette gerät. So wie die Testerei, seit PISA 2004(!), die jetzt trotz der fast zwanzig jährigen Misserfolgsgeschichte, in Bremen durch ein neues „Qualitätsinstitut“ auch noch absurder Weise forciert wird. Wenn man die Testerei ernstnehmen würde, müsste das Scheitern nach zwei Jahrzehnten doch akzeptiert werden. Vera-Tests wurden vor 10 Jahren durch Unterschriften von über 700 Grundschulkolleginnen abgelehnt. Diese „Reformen“ haben für Bremen NULL Fortschritt gebracht. Gleichzeitig mit der Testerei wurde auch die „Kompetenzorientierung“ und „Kompetenzraster-Zeugnisse“ eingeführt. Die pädagogische Verantwortung durch Nähe und Urteilsfähigkeit wurde in wenigen Fächern zu Ankreuzverfahren und Testeritis degradiert. Das wurde aber nie ausgewertet. Für viele Fächer ist dieser Ansatz offensichtlich gar nicht durchführbar. Kunst, Musik, Sport, Sachunterricht, Werken…Absurd, dass es nur für Mathe und Deutsch gilt. Im übrigen müsste auch das IQB in Berlin als Testmacherin dringend evaluiert werden, denn die Testerei hat zu nichts geführt außer „teaching to the test“. Dort sitzen keine pädagogischen Fachkräfte, die Schule kennt man nur von außen. Von humanistischer Bildung sind wir weiter entfernt denn je. Junge Menschen sollen wir für den Output, den Markt „fit“ machen. Und selbst das wird angesichts der Lage immer schwieriger. Die heutige Schule wird den Kindern und Jugendlichen nicht gerecht.

Nun zu Bremen, homemade by SPD

Was ist aus § 26-31 der Bremer Verfassung geworden? Papier ist geduldig.

Auf die ältere Leserschaft werden die meisten der geäußerten Kritiken und Forderungen dieses Schwerpunktes ermüdend wirken, um ehrlich zu sagen: sie hängen zum Hals `raus. Das seit Jahrzehnten von der SPD geführte Bildungsressort, jetzt auch inklusive des Kita-Bereichs, hat den Bereich zusehend an die Wand gefahren, jetzt scheint die Fahrt dem Ende zuzugehen. (Anmerkung: Mit der zensurengeilen FDP und der Selektionspartei CDU wäre die Fahrt sicher schon eher zu Ende.) Auf Mängellisten soll hier verzichtet werden, denn der Platz dafür reicht nicht aus und es ist müßig, wieder und wieder die gleichen Feststellungen zu treffen. Die Fakten des Niedergangs der bremischen Bildung liegen seit Jahren auf dem Tisch. Es gab nie einen ernsthaften Plan, eine Kontinuität über Jahre, immer kamen neue Köpfe in die Behörde und scheiterten. Das gibt bis heute aber niemand zu. Es hieß immer vor der Wahl: Bildung ist am Wichtigsten, unsere Zukunft, Bla,Bla. Nach der Wahl gab es Stückwerk oder gar keine Fortschritte, oder ist etwas besser geworden? Gab es eine echte Reform, die die Arbeit verbessert hat? Die Redaktion bittet dringend um Rückmeldung.

Wo der Honig duftet summen die Bienen - Verantwortung kostet sie nichts

Fortbildungsverpflichtung und Präsenzzeitverordnung durch Lemke. „Inklusion“ durch Jü-Pi, zurückgetreten aus Geldmangel, also nicht durchführbar bis heute. Übernahme des Amtes durch nicht gewählte Quante-Brandt, keine Annäherung an Ausgaben wie sie andere Stadtstaaten pro Schüler:in tätigen, anschließend als Wissenschaftssenatorin keine Wiederaufnahme diverser heute und damals notwendiger Studiengänge wie Sport, Sonderpädagogik, Arbeitslehre. Im Gegenteil, schaut euch die vergammelten, abbruchreifen Uni-Sportanlagen an. Hier der absurde Witz für Jüngere: Heute entblödet sie sich als neue Vorsitzende des Landessportbundes nicht, kritisch auf die Mängel im Sportbereich (Leute, Gebäude, Anlagen…) hinzuweisen (WK 12. Dezember 2022.). Diese hat sie aber selbst mitverschuldet, wenn nicht sogar zu verantworten. Die Diebin ruft haltet den Dieb. Nächste Wahl, neues Glück: Sieling kommt, weil Börnsen geht. Die ungewählte Bogedan kommt, weil Q-B. geht. Großer Fortschritt (?): Apple kommt mit Ipads in die Schule, jetzt geht das leistungsbezogene Lernen richtig los! Kleiner Scherz! Bundesweit gefeiertes Bremen, Erste in Digitalem! Sieling geht, Bovenschulte kommt, ungewählt. Lehrkräfte fehlen, Sozialarbeiter fehlen, Inklusion geht gar nicht, Ganztag holpert… Bogedan geht mitten in der Pandemie der Probleme, eine ungewählte Aulepp kommt. Und Frau Aulepp: bleibt vermutlich bis zur Wahl im Amt? Wir sind gespannt auf das neue SPD-Kaninchen aus dem Wahlzylinder.

Wer sich dagegen nicht wehrt, der lebt verkehrt.

Und dann geht es immer weiter abwärts, wenn nicht von uns dagegen und für Bildung etwas unternommen wird. Gewerkschaft und gewerkschaftlich orientierter Personalrat wollen dabei unterstützen. Die Situationen lassen sich aber nur in den Kitas und Schulen und Hochschulen konkret behandeln. Die Misere muss endlich ausgesprochen werden, Maßnahmen und Protest dagegen unternommen werden. Offensichtlich sind die Parteien dabei nicht behilflich, im Gegenteil oft hinderlich. Das gilt es auch bei der Bürgerschaftswahl zu bedenken. Das von uns nicht ausgesuchte Hamsterrad muss zum Stillstand kommen. Widerstand ist gelebte Demokratie.