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Gewerkschaft

Bremsen für „Trittbrettfahrer“ sind rechtens

Gewerkschaftsmitglieder dürfen bevorzugt werden

Mehr als zwei Drittel halten starke Gewerkschaften für wichtig - die meisten sind aber nicht Mitglied. Nur 18,5 Prozent der Beschäftigten gehören laut einer Umfrage noch einer Gewerkschaft an, so eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Von der Gewerkschaftsarbeit profitieren Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie Mitglied sind oder nicht. Handeln Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften Löhne und Tarifverträge aus, gilt das für alle Mitarbeiter, die nach Tarif bezahlt werden - und nicht nur für diejenigen, die bereit sind, etwa ein Prozent ihres Bruttomonatsverdienstes für eine Mitgliedschaft auszugeben. Die IW-Experten erklärten, das Verhalten vieler Arbeitnehmer könne als "riskantes Kalkül" bewertet werden - denn starke Gewerkschaften könne es nur so lange geben, wie es noch genügend Arbeitnehmer gebe, die sich für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft entscheiden. Dies bestimme auch die Verhandlungsmacht in Tarifgesprächen. Welcher Organisationsgrad allerdings mindestens erforderlich sei, damit Gewerkschaften ausreichend handlungsfähig sind, sei „theoretisch offen“.

Manche Tarifverträge machen einen Unterschied zwischen Gewerkschaftern und Arbeitnehmern, die kein Mitglied einer Gewerkschaft sind. Das ist rechtens, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die unterschiedliche Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern und nicht in der Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmern ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die höchsten deutschen Richter wiesen mit einem Beschluss die Verfassungsbeschwerde eines nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten ab, der sich durch eine sogenannte Differenzierungsklausel benachteiligt sah. Solche Klauseln legen in Tarifverträgen fest, dass bestimmte Vergünstigungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zugute kommen. Sie sind dem Bundesverfassungsgericht zufolge verfassungsgemäß, wenn kein Zwang oder Druck zum Gewerkschaftsbeitritt ausgeübt wurde (Aktenzeichen: 1 BvR 1278/16). 

Der Arbeitgeber kann damit grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob er Nicht-Gewerkschafts-Mitgliedern die tariflichen Arbeitsbedingungen gewähren möchte. Nicht-Gewerkschafts-Mitglieder sind nämlich Arbeitnehmer, die der Gewerkschaft nicht angehören und dementsprechend aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des Tarifvertragsgesetzes keinen Anspruch auf den Tariflohn haben. In der Praxis haben die Arbeitgeber allerdings meistens kein erhebliches Interesse daran, bei der Gewährung von tariflichen Leistungen zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Außenseitern zu differenzieren. Sie würden ansonsten den Arbeitnehmern einen Anreiz dazu bieten, in die tarifvertragsschließende Gewerkschaft einzutreten.

Die Gewerkschaften haben wiederum ein Interesse daran, dass ihre Mitglieder bei der Anwendung von Tarifverträgen besser gestellt werden als Nichtmitglieder. Dies ist aus Sicht der Gewerkschaften verständlich, da ihre Mitglieder durch den Mitgliedsbeitrag die Organisation finanzieren und es damit erst ermöglichen, Tarifverträge zugunsten der Arbeitnehmer abzuschließen. Von den abgeschlossenen Tarifverträgen profitieren dann meistens aufgrund der mangelnden Bereitschaft der Arbeitgeber zur Differenzierung bei der Tarifanwendung auch die sogenannte Außenseiter als “Trittbrettfahrer”, d. h. diese Arbeitnehmer machen sich ohne Mitgliedsbeiträge in einer Gewerkschaft zu zahlen die Früchte der organisatorischen und finanziellen Anstrengungen anderer Arbeitnehmer zunutze.

Der DGB begrüßte diese Entscheidung. Gilt ein Tarifvertrag im Unternehmen, sollen Gewerkschaftsmitglieder davon besonders profitieren, verlangt der DGB. Zum Beispiel durch mehr Geld oder Urlaub.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann erklärte, wenn in einem Betrieb zum Beispiel 40 Prozent der Mitarbeiter in einer Gewerkschaft organisiert seien, sorgten diese für bessere Bedingungen und höhere Löhne für alle. Mitarbeiter sollten per Tarifvertrag belohnt werden, wenn sie Gewerkschaftsmitglied sind und somit dazu beitragen, dass die Tarifbindung gestärkt und der soziale Frieden erhalten bleiben", forderte Hoffmann.