A 13 für Grundschullehrerinnen ist derzeit das frauenpolitische GEW-Thema schlechthin. Je nach Schulform fällt die Besoldung der Lehrkräfte in den Bundesländern sehr unterschiedlich aus. Übereinstimmung herrscht jedoch darin, dass Grundschullehrerinnen überall nur nach A 12 besoldet werden. Das muss sich ändern!
Grundschullehrerinnen verdienen mehr, weil sie … die heterogenste Schüler_innenschaft unterrichten, … das Fundament für schulisches Lernen schaffen, … die schwierigste Bildungsarbeit schultern müssen, … die wichtigsten Bildungsgrundlagen vermitteln. Und: weil ohne sie und ihr pädagogisches Können die anderen Kolleg_innen nicht weiterarbeiten könnten. Mit eben dieser Professionalität, der überwiegend pädagogischen Arbeit, versucht noch mancher Besoldungsgesetzgeber A 12 zu rechtfertigen und die Eingangsbesoldung nach A 13 zu verhindern. Pädagogische Arbeit an der Grundschule ist jedoch genauso wissenschaftlich fundiert wie die Arbeit an anderen Schulformen, auch wie die an Gymnasien. Sie ist andersartig aber gleichwertig!
Das hat die GEW von Juristinnen prüfen lassen. „Mittelbare Geschlechtsdiskriminierung bei der Besoldung von Grundschullehrkräften nach A 12“ ist das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Eva Kocher, Dr. Stefanie Porsche und Dr. Johanna Wenckebach überschrieben. (Es wurde Anfang des Jahres veröffentlicht und steht unter gew.de/lohngerechtigkeit/ zum Download.) Am Beispiel der drei Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig Holstein wurde untersucht, ob die Ungleichbehandlung in der Besoldung eine mittelbare Geschlechtsdiskriminierung darstellt. Es gibt zwar auch Männer an Grundschulen und Frauen an Gymnasien. Allerdings liegt der Anteil von Frauen bei den Grundschullehrkräften bei über 90 Prozent, während im Lehramt an Gymnasien im Durchschnitt nur rund 60 Prozent Frauen tätig sind. Somit sind Frauen an Grundschulen überproportional von der ungleichen Besoldung betroffen. Das legt den Verdacht nahe, dass es sich um eine mittelbare, also indirekte Diskriminierung handelt. Sie liegt dann vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sich so auf eine bestimmte Personengruppe auswirken, dass sie benachteiligt wird. Doch: Wenn Ungleichbehandlungen gerechtfertigt sind, liegt keine Ungleichbehandlung vor. Die Juristinnen haben deshalb untersucht, ob es sachliche und gerechtfertigte Gründe für die unterschiedliche Besoldung gibt, oder ob es sich um eine nicht gerechtfertigte Ungleichbewertung handelt, die mit dem Geschlecht zu tun hat. Sie haben auf die Ausbildung, die Arbeitsbedingungen und die Anforderungen geschaut und geprüft, ob diese nach rechtlichen Kriterien vergleichbar sind. Das sind sie. Man braucht für beide Tätigkeiten eine gleichwertige Ausbildung, was darauf hindeutet, dass sich auch in den Tätigkeiten, auf die die Ausbildungen vorbereiten, gleichwertige Anforderungen stellen. Auch was die Anforderungen und Arbeitsbedingungen betrifft, haben die Juristinnen keine nennenswerten Unterschiede festgestellt.
Für den Grundschulbereich wird deutlich, dass die psycho-sozialen Belastungen größer sind als an weiterführenden Schulen, da Lehrerinnen und Lehrer hier persönlicher und unmittelbarer mit den Problemen der Kinder und ihren Familien konfrontiert sind.
Auch die Schulgesetze betonen sehr stark die große Bedeutung von pädagogischer Arbeit für die Persönlichkeitsbildung, den weiteren Lebensverlauf und die Integration in die Gesellschaft. Wenn also Gesellschaft und Gesetzgeber die Tätigkeiten als gleichwertig ansehen, dann müssen sie auch gleich bezahlt werden.
Sowohl die unterschiedlichen Frauenanteile als auch die unterschiedliche Besoldung können mit Geschlechterstereotypen erklärt werden. Zum Beispiel die Vorstellung, dass die Beschäftigung mit kleineren Kindern eine „weibliche“ Aufgabe sei und die „natürlicherweise“ der Frau zufalle und nicht erlernt zu werden brauche. Dies bedient genauso stereotype Geschlechterkonstruktionen wie die Vorstellung, bei der Grundschullehrtätigkeit seien „einfache“ Inhalte zu lehren, und der Fokus der Tätigkeit liege auf erzieherischen Aufgaben, auf Hingabe, Fürsorge und Einfühlungsvermögen. Es lässt sich also nur mit Geschlechterstereotypen erklären, dass trotz gleicher Anforderungen bei der Arbeit der Wissenschaftlichkeit gegenüber dem Pädagogischen ein höherer Wert zugesprochen wird.