Ein Thema, das nicht erst mit der Digitalisierung immer dringender wird: Da der Anteil des konstanten Kapitals (Rohstoffe, Technik) in Produktionsprozessen eine immer größere Rolle gegenüber der eingesetzten Arbeitskraft spielt, sinkt - wie Karl Marx, der in diesem Jahr ja gerade in aller Munde ist, tendenziell die Profitrate ständig. Daraus folgt, dass das Kapital ständig neue Felder suchen muss, die es nach seiner Logik "beackern" kann.
So wurde in den letzten Jahrzehnten der öffentliche Personenverkehr und die Post privatisiert, Krankenhäuser müssen seit einigen Jahren gewinnbringend arbeiten und wie sieht es mit den Schulen aus:
"Seit den 1980er Jahren ist die Politik in den westlichen Industriegesellschaften zunehmend von neoliberalen Ordnungsvorstellungen beeinflusst.(…) Ökonomisierungsprozesse werden heute in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen beobachtet. (…) Begriffe und Konzepte wie Qualitätsmanagement, kompetenzorientierte Bildungsstandards, Zielvereinbarungen, kennzahlenorientiertes Management und Effizienzsteigerung durch Evaluation und Wettbewerb prägen seither nicht nur den bildungspolitischen Diskurs, sondern haben als Handlungsorientierung die schulische Praxis tiefgreifend verändert. (…) Ökonomische Denk- und Handlungsweisen im Bildungssystem stellen in Deutschland das identitätsstiftende humanistische Bildungsideal in Frage, dem Bildung traditionell als Mittel der Selbstbefreiung, Mündigkeit und Selbstverwirklichung gilt."
Nicht das vor 1970 in Deutschland alles besser gewesen wäre, sondern im 3 gliedrige System (Haupt-, Realschule und Gymnasium) von Halbtagsschulen entstanden durch die erziehungs- und bildungspolitisch moderierte Arbeitsteilung zwischen Staat und Familie enorme Kostenvorteile. "Kern dieser Arbeitsteilung ist ein (…) auf wenige Stunden begrenzter Schulunterricht, in dem die Stoffvermittlung im Vordergrund steht und die wichtige Rolle von Hausaufgaben, die außerhalb der Schule geleistet werden müssen. Sozialstrukturell, sozialpolitisch und familienpolitisch setzt die Halbtagsschule die teilzeit- oder nichterwerbstätige Hausfrau und Mutter voraus, die für die Verpflegung der Kinder sorgt und sich um die Hausaufgaben kümmert und ganz allgemein die Bildungskarrieren ihrer Kinder organisiert. Selbstverständlich ist diesem Modell auch ein Ehemann und Vater, der durch Ehegattensplitting begünstigt die Familie weitgehend mit seiner Erwerbsarbeit ernähren kann." Dieses System sorgte gut dafür, dass "der Schuster bei seinem Leisten blieb" daher die Bezeichnung "konservativer Bildungsstaat" für die Bundesrepublik Deutschland. Aber im Gegensatz zur heutigen Zeit konnte damals ein Arbeiter mit seinem Lohn eine ganze Familie ernähren.
In den 70er Jahren hielt dann das Stichwort "Chancengleichheit", insbesondere was die unterschiedlichen Bildungschancen von Frauen und Männern anging, Einzug in den bildungspolitischen Diskurs und veränderte das Schulwesen: