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GEW intern

Armutsfalle Pflegeversicherung?

Vortrag beim AK Senior:innen

Foto: CC0, pixabay.com

Wer kann sich den Eigenanteil eines Pflegeheimplatzes eigentlich noch leisten? 2023 hat der Bundestag eine Reform der Pflegeversicherung beschlossen, um Pflegebedürftige sowie ihre Angehörigen zu entlasten und die 30 Jahre alte Versicherung finanziell zu stabilisieren. Ziel war es, pflegebedingte Altersarmut und Sozialabhängigkeit zumindest zu reduzieren. Es war nie beabsichtigt, die Pflegeversicherung als Vollkaskoversicherung zu gestalten. In den ersten Jahren konnten die genannten Ziele in der Regel sowohl im ambulanten als vor allem auch im stationären Bereich umgesetzt werden. Länder und Kommunen konnten ihre Sozialhilfeausgaben bei der Hilfe zur Pflege zunächst auch reduzieren. Fakt ist nun aber, dass die finanziellen Belastungen der Pflegebedürftigen stark zugenommen haben. Immer mehr Heimbewohner:innen sind auf Sozialhilfe angewiesen. Ein Pflegefall darf aber nicht zur Armutsfalle werden. Deshalb muss ein Paradigmenwechsel eingeleitet werden. Nicht die Leistungen der Pflegeversicherung sollen begrenzt werden, sondern die Eigenanteile der Pflegebedürftigen.

Die SPD will eine Pflegevollversicherung, die alle Kosten der Pflege übernimmt. Dieser Vorschlag scheitert an der FDP. Bereits im Januar hatte der damalige Finanzminister Lindner (FDP) eine Milliarde Euro Bundeszuschuss gestrichen. Deshalb hat die Pflegeversicherung nun große Finanzprobleme. Außerdem hat der Bund zehn Milliarden Euro aus der Pflegeversicherung entnommen, um während der Pandemie die Coronatests und Pflege-Boni in Pflegeheimen zu bezahlen. Von den zehn Milliarden fordert die Pflegeversicherung sechs Milliarden Euro zurück – aber der Bund weigert sich.

Die Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss deutlich höher durch Steuerzuschüsse gestärkt werden. Außerdem muss die Behandlungspflege in stationären Einrichtungen im höheren Umfang aus der Krankenversicherung finanziert werden, und die Länder müssen sich endlich wieder an den Investitionskosten beteiligen, was sie bis 2008 auch getan haben. Was machen eigentlich die Investoren mit den Gewinnen aus den Heimen? Auch die müssen sich an den Investitionskosten beteiligen. Jede/r Heimbewohner/in muss monatlich zusätzlich zu den Pflegekosten ca. 700 Euro Investitionskosten, 620 Euro für die Unterkunft, 415 Euro für Verpflegung und 107 Euro für den Ausbildungsfonds zahlen.

Der Senat wird aufgefordert, wieder die Investitionskosten zu übernehmen oder sich zumindest zu beteiligen. Die Länder sind nach § 9 Sozialgesetzbuch XI für die Vorhaltung einer wirtschaftlichen, pflegerischen Versorgungsstruktur mit verantwortlich. Sie müssen für die Investitionskosten aufkommen, statt sie den Heimbewohner:innen aufzubürden. Die Menschen, die heute in den Pflegeheimen leben, haben diesen Staat aufgebaut und müssen nun am Ende ihres Lebens von Sozialhilfe leben. So kann man nicht mit der älteren Generation umgehen. Seit acht Jahren beschäftige ich mich mit diesem Thema und habe zumindest erreicht, dass dieses Thema im Koalitionsvertrag (Seite 122) aufgenommen wurde.

Weitere Informationen unter 0421 / 459525.