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Bildungsgerechtigkeit

Arbeitszeit und Arbeitslast sind zu hoch

Die Bildungsqualität bleibt auf der Strecke

Foto: Susanne Carstensen

Trotz immer größer werdendem Fachkräftemangel wachsen die Anforderungen, die an die Schulen gestellt werden, regelmäßig. Angeblich um die Qualität zu verbessern, verschärfen sich die Bedingungen bei den Abschlussprüfungen und beim Abitur, wird auf Standardisierung und Monitoring und damit endlose Dokumentationen gesetzt. Schule als Ort, an dem mechanisch Kompetenzen abgehakt werden? Durch die Umsetzung der Digitalisierung, den häufigen fachfremden Unterricht, den häufigen Vertretungsunterricht, die Umsetzung des Ganztags, die wachsenden Schüler*innenzahlen, ... wächst der Druck auf das Personal. Das Bildungswesen befindet sich in der Krise.

Burnouts verhindern

Auch als GEW setzen wir uns für Qualität ein, im Ganztag, in den erzieherischen Angeboten in Schule, genauso wie wir guten Unterricht für jede und jeden wollen. Dabei orientiert sich unser Anspruch aber an den Bedürfnissen der jungen Leute, die tagtäglich lernen wollen. Denn Bildung ist ein Menschenrecht, das jedem Kind zukommen und zu Chancengerechtigkeit führen soll. Das Abhaken von Kompetenzen kann das nur sehr bedingt leisten. Um gute Schule umsetzen zu können, benötigen wir gute Arbeitsbedingungen und das heißt mehr Zeit und mehr Fachkräfte. Wir brauchen Zeit für Kooperationen und Absprachen, Zeit für Förderung, Zeit für Vor- und Nachbereitung, Zeit für Gespräche, Zeit für Schulentwicklung, Zeit für soziales Lernen, ...

Damit das geleistet werden kann, müssen die Zeiten für die mittelbare Arbeit der Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen eklatant erhöht und die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte gesenkt werden. In Zeiten des Personalmangels ein Paradox, aber Personal im Burnout ist ein noch größeres Problem. Arbeitszeit und Arbeitslast sind zu hoch. Auch für Kolleg*innen ohne Burnout bestehen zu viele Anforderungen. Gerade junge Menschen bringen den Aspekt einer „work-life-balance“ immer wieder ein, und zwar nicht, weil sie faul sind.

Dauerhaften Personalmangel verhindern

Deshalb benötigen wir mehr qualifiziertes Personal. Die Ausbildungsplätze müssen deutlich erhöht werden. Die „Entscheidungsträger*innen“ verbleiben mit ihren Aussagen stets in der „Übergangszeit“. Sie tun so, als würde der Mangel an Pädagog*innen demnächst überwunden sein. Das aber ist falsch. Wir benötigen eine bundesländerübergreifende Strategie und eine Festlegung von Ausbildungsplätzen orientiert am Bedarf. Und dies sofort, also feste und verbindliche Zahlen für jede Uni mit dem Ziel, 2033 „im Lot“ zu sein. Eher ist es realistisch nicht zu schaffen. Und da es kurzfristig nicht genügend ausgebildete Lehrkräfte, Erzieher*innen oder Sozialpädagog*innen gibt, muss die Qualifizierung von Quereinsteiger*innen etabliert werden. Und zwar so, dass diese am Ende gleichgestellt sind. Zeitgleich müssen die Hürden zur Anerkennung ausländischer Pädagog*innen gesenkt und berufsbegleitende Einstiegsmaßnahmen auf den Weg gebracht werden, damit ein Onboarding gelingen kann.

Qualifizierungen ausweiten

Qualifizierungen anzubieten bedeutet berufsbegleitend Angebote zu schaffen, die sich an den Voraussetzungen des vorhandenen Personals orientieren und für Neue interessant sind. Und hier fängt das Problem an. Für Menschen, die als Sozialpädagog*innen arbeiten, gibt es bis dato gar keine Angebote, für nicht ausgebildete Erzieher*innen in Schule ebenso wenig. Einfache Fortbildungsangebote, auch wenn diese gerne angenommen werden, reichen nicht aus, um zu qualifizieren und eine Gleichstellung zu erreichen.

Für unterrichtendes Personal gibt es zwar Möglichkeiten der Qualifikation. Leider sind die Plätze hierfür sehr begrenzt und viele erfüllen die Voraussetzungen nicht, um einen der wenigen Plätze in Seiteneinstieg A, B oder U zu bekommen. Und wenn sie dann in einem Seiteneinstieg sind, stoßen insbesondere Personen im Seiteneinstieg U oft an ihre Grenzen, da die Kombination aus den Ansprüchen aus Studium, LIS und Schule kaum zu bewältigen ist. Hier muss dringend nachgesteuert werden.

Elke Suhr | Landesvorstandssprecherin der GEW Bremen