Im Mai 1945 war Bremen – wie ganz Deutschland – am Tiefpunkt. Inmitten von Trümmern begann am 10. September der Unterricht in den Volksschulen. Von 150 Gebäuden waren 48 völlig zerstört und 72 mehr oder weniger stark beschädigt. Viele Familien hausten in Kellern und Behelfsunterkünften, viele Väter waren noch in Kriegsgefangenschaft. Im Januar 1946 galten 60% aller Kinder als unterernährt. Ab März 1946 gab es für sie die Schulspeisung. Von 1410 Lehrkräften wurden 783 bis März 1946 im Rahmen der Entnazifizierung entlassen, sodass akuter Lehrermangel bestand. Der Unterricht musste in den wenigen nicht zerstörten Schulen im Zwei- oder sogar im Drei-Schicht-Betrieb stattfinden. Die Kinder und Jugendlichen standen noch unter dem Einfluss der NS-Erziehung in HJ, BDM und Jungvolk. Neue Lehr- und Lernmittel gab es zunächst nicht.
Die Gründung des Vereins Bremer Lehrer und Lehrerinnen
Unter diesen deprimierenden Bedingungen machte sich eine kleine Gruppe von ca. 30 „unbelasteten“ Lehrkräften daran, Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Viele davon kamen aus den 1933 abgeschafften Versuchsschulen. Ein Teil hatte damals Berufsverbot erhalten. Christian Paulmann, bis 1933 Bürgerschaftsabgeordneter der SPD, wurde von der amerikanischen Militärregierung als Bildungssenator eingesetzt. Die ehemaligen Schulleiter der Helgolander und Stader Straße, Friedrich Aevermann und Klaus Böttcher, wurden zu Schulräten. Paul Goosmann, und Hans Warninghoff, zwei ehemalige Junglehrer an der Helgolander Straße, ergriff die Initiative zur Wiedergründung des Lehrervereins. Sie sammelten Unterschriften von Lehrerinnen und Lehrern und luden für den 03. Juni 1946 zu einer Versammlung im Concordia-Theater ein. Von Beginn an verfolgten sie das Ziel, die Trennung von Lehrer- und Lehrerinnenverein zu überwinden und die Lehrkräfte der höheren Schulen einzubeziehen. Die Versammlung, auf der auch Bildungssenator Paulmann sprach, setzte einen Arbeitsausschuss ein, der die Gründungsversammlung am 12. Juli im Hörsaal der Kunsthalle vorbereitete. Dort beschlossen ca. 130 Lehrkräfte die Gründung des „Vereins Bremer Lehrer und Lehrerinnen“ (VBLL). Anschließend wurde bei der Militärregierung die Genehmigung beantragt, die im Dezember erfolgte. Schon auf der Concordia-Versammlung war als neues Organisationsprinzip die Einrichtung von Fachgruppen eingeplant worden. Damit sollte der Gefahr einer Wiedergründung berufsständischer Konkurrenzverbände vorgebeugt werden. Entscheidend war dabei das Einverständnis der Lehrkräfte der höheren Schulen, die sich am 18. September 1946 trafen und nach kontroverser Diskussion den Eintritt in den VBLL empfahlen. Die erste Hauptversammlung am 09. Oktober 1946 wählte den Vorstand, bestehend aus Lehrerinnen und Lehrern aller Schularten. Vorsitzender wurde Paul Goosmann.
Der Eintritt in den Deutschen Gewerkschaftsbund
Etwa gleichzeitig mit der Bremer Organisation hatten sich die „Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens“ (der alte Hamburger Lehrerverein) und der „Gesamtverband Braunschweigischer Lehrer“ neu gegründet. Deren Vorsitzende Max Traeger und Heinrich Rodenstein luden im Oktober 1946 zu einem Treffen der örtlichen Verbände in der britischen Zone ein, an dem auch Paul Goosmann als Vertreter der amerikanischen Enklave Bremen teilnahm. Hier wurde vereinbart, einen Gesamtverband der Lehrkräfte und dessen Anbindung an die freien Gewerkschaften anzustreben. Es wurden Hauptausschüsse gebildet und Bremen übernahm dabei den Erziehungswissenschaftlichen Ausschuss. Die Frauen verzichteten auf eine eigene Vereinsgründung unter der Bedingung, dass ihnen eine Mindestzahl von Mandaten im Vorstand zugesichert wurde. Auf der folgenden Gründungsversammlung des „Allgemeinen Deutschen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes“ (ADLLV) am 09./10. Januar 1947 in Detmold wurde die Aufnahme von Verhandlungen mit den Gewerkschaften beschlossen. Bedingungen des Beitritts waren Finanzautonomie und eigene Vorstandswahl, schulpolitische Eigenständigkeit und ein Bekenntnis des Gewerkschaftsbundes zum Beamtenstatus. Diese letzte – aus heutiger Sicht konservative – Bedingung entsprach dem Mehrheitswillen der Lehrkräfte, die auf die „wohlerworbenen Rechte der Beamtenschaft“ nicht verzichten wollten und eine von den Besatzungsmächten erwogene Einbeziehung der Beamten in die allgemeine Sozialversicherung ablehnten. Nachdem der Gewerkschaftsbund diese Bedingungen anerkannt hatte, wurde auf der Vertreterversammlung des ADLLV in Dortmund am 21. Mai 1948 der Beitritt beschlossen. Die neue Bezeichnung „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ galt zunächst nur für die britische Zone. Erst später kamen die Vereine aus der amerikanischen und französischen Zone hinzu. Die örtlichen Lehrervereine, die dem ADLLV angehörten, schlossen sich nach und nach zu GEW-Landesverbänden zusammen. In Bremen wurde der Landesverband, bestehend aus dem VBLL, dem Bremerhavener Lehrerverein und dem Lehrerverein Bremen-Vegesack, am 19. April 1950 gegründet.
Trotz der Zugeständnisse des DGB in Fragen des Berufsbeamtentums gelang es nicht, in Westdeutschland eine gemeinsame Organisation aller abhängig Beschäftigten zu schaffen. Neben dem DGB entstand der Beamtenbund, dem sich eine Minderheit der Lehrkräfte, insbesondere aus den höheren Schulen, anschloss. In Bremen wurde der Philologenverband 1951 wieder gegründet