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Schwerpunkt

100 Milliarden Euro für das Soziale – als Normalität

Beutet nicht den Idealismus junger Menschen aus!

Foto: privat

Seit Jahren ist klar: Es gibt einen Fachkräftemangel im sozialen Arbeitsfeld. Erzieher:innen, Pädagog:innen, Assistenzkräfte oder Heilerziehungspfleger:innen werden händeringend gesucht. Dazu kommt der Bedarf in der Pflege und in den Krankenhäusern. Warum ist das so? Und, warum wird dem nicht mit strategischen, klaren und massiv finanzierten Modellen entgegengewirkt? Warum laufen wir seit Jahren als Gesellschaft in den sozialen Betreuungs-Gau? Mit offenen Augen, deutlichen Warnungen und doch nur einem gefühlten Achselzucken.

Qualitätsstandards sinken

Stattdessen: Wir reagieren gerade einmal auf die schlimmsten Entwicklungen, kurzfristig und inkonsequent. Meist zu Lasten der Arbeitsqualität und auf Kosten der jungen Menschen. Wir senken die Qualitätsstandards in der Ausbildung von Fachkräften, wie zuletzt in Niedersachsen geschehen. Fachschulen, die Heilerziehungspfleger:innen ausbilden, müssen immer versetzen, egal, ob die Schülerin/der Schüler vielleicht nur mangelhafte Leistungen erbringt. Wir switchen eine Ausbildung vom Blockmodell zum Kontimodell. Statt Ausbildung und Praxiseinsätze wöchentlich zu trennen, müssen Auszubildene nun zwei Tage in der Schule lernen und drei Tage arbeiten. Dass darunter die Ausbildung und die Betreuung leidet, ist klar. Kennt jede*r, der/die mal versucht hat nach Feierabend noch für etwas zu lernen. Aber viele wollen das machen, wahrscheinlich, weil sie - auch - idealistisch sind.

Unterbezahlt

Oder wir denken laut darüber nach, ein soziales Pflichtjahr einzuführen. Ernsthaft? Zurück zum Zivi, um ein ganzes Arbeitsfeld zu retten? Für ein Taschengeld? Während Menschen, die sich in der Bundeswehr verpflichten, 1.500 Euro pro Monat bekommen? Oder über junge Berufseinsteiger:innen, die in den Jugendämtern immens wichtige Arbeit übernehmen und als Casemanager:innen beurteilen, wann eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Was verdienen sie? TV-L 10. Für einen der anstrengendsten und psychisch belastendsten Jobs dieser Welt. Das ist wohl Idealismus. Hinzu kommen tausende Freiwillige (ja, es gibt Tausende, jedes Jahr!). FSJ oder FÖJ, gibt es auch in Politik und Kultur. Alles wichtig. Die machen das freiwillig, die wollen helfen, sich für die Gesellschaft einsetzen. Obwohl sie nur ein Taschengeld bekommen und häufig im unattraktiven Schichtdienst unterwegs sind. Das ist wohl… s.o.

Synergieeffekte nutzen

tudien sagen, wertvoll an einem Arbeitsplatz ist die Work-Life-Balance, die Harmonie im Team und die Sinnhaftigkeit des Jobs. Vor allem für die jungen Menschen, die nun in den Arbeitsmarkt streben, die sogenannte Generation Z. Idealismus ist eine Triebfeder, wir können es beobachten und Studien belegen es. Es gibt ein Streben, sinnvolle Arbeit verrichten zu wollen und dazu gehört das große Feld der sozialen Arbeit. Gleichzeitig brauchen wir die(se) Menschen in den Jobs. Ist das nicht ein Synergieeffekt? Viele junge Menschen wollen, was wir als Gesellschaft brauchen. Nur: Diesen Idealismus nutzen wir doch nicht aus, oder etwa doch? Weil wir doch bitte nicht von ‚Pflichtjahr‘ sprechen oder die Ausbildungsqualität der Gen. Z anpassen, um damit möglichst noch eine Geringschätzung auszudrücken. Und natürlich zahlen wir Freiwilligen im sozialen Bereich mindestens so viel wie den Menschen, die im Schlamm mit einer Uzi auf Pappschilder ballern.

Echte Wertschätzung für wertvollen Benefit

Sondern wir lassen uns das natürlich richtig was kosten! Echte Wertschätzung. Richtig gutes Geld für die Verantwortung, die die jungen Menschen tragen müssen, für die harte Arbeit, die verrichtet wird. Für den unendlich wertvollen Benefit, den wir als Gesellschaft haben. Ich schlage vor: 100 Milliarden Euro für das Soziale. Als Normalität.