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Ein Schulgesetz, von dem die Betroffenen nichts halten

Stellungnahme der GEW Bremen zur Deputationssitzung am 23.4.09

In der Bildungsdeputation soll heute über die endgültige Fassung des Schulgesetzes beschlossen werden, die dann anschließend in die Bürgerschaft geht. Mit dem vorliegenden Entwurf, der im Kern am ersten Entwurf und dem Konsenspapier von SPD, CDU und Grünen festhält, hat nach Auffassung der GEW die rot/grüne Koalition die Chance einer vorwärts weisenden Schulreform im Lande Bremen vertan. Die Trennung der SchülerInnen nach der 4. Klasse wird nicht aufgehoben, sondern in die Zukunft verlängert.

In einer 249-seitigen Synopse sind die Stellungnahmen der Verbände und Schulen zum Gesetzesentwurf sowie die Antworten der Bildungsbehörde auf die vielen Einwendungen und Änderungsanträge zusammengestellt. Auffällig ist dabei, dass die Gesamtvertretungen der Lehrkräfte, der Eltern und der SchülerInnen die Grundkonstruktion des Gesetzes ablehnen.

So urteilt die GesamtschülerInnenvertretung:

„Das neue Schulgesetz welches in Bremen voraussichtlich durchgeführt wird, ist der Meinung der GSV nach eine große Enttäuschung. Das sogenannte 2-Säulen-Modell, welches eigentlich ein 4-Säulen-Modell ist (Oberschule, Gymnasium, Werkschule und Förderzentrum) ist von unserer Vorstellung einer Schule für alle weit entfernt.“

Auch der Zentralelternbeirat „bedauert die politische Entscheidung für das sogenannte ‚Zwei-Säulen-Modell’.“

Der Personalrat Schulen „weist darauf hin, dass mit der Novellierung

-       die von der rotgrünen Koalition ursprünglich angestrebte ‚eine Schule für alle’ nicht eingerichtet wird,

-       die frühe Selektion nach der vierten Klasse weiter bestehen bleibt,

-       Schularten unterschiedlicher Attraktivität und Wertigkeit erhalten bleiben.“

Die rot/grüne Koalition hat sich nicht – entgegen den Ankündigungen der Koalitionsvereinbarung – auf die Unterstützungsbereitschaft der Betroffenen gestützt, um durch einen schrittweisen Umbau der verschiedenen Schulformen zur „Schule für alle“ Anschluss an die internationale Entwicklung zu finden. Statt dessen hat die Senatorin für Bildung unter großem Aufwand ein neues Schulgesetz in Auftrag gegeben und dabei die große Koalition mit der CDU und der FDP gesucht, die sich schon im Wahlkampf für das „Zwei-Säulen-Modell“ ausgesprochen hatten.

Das wenige Positive, was unter diesem Gesetz vielleicht realisiert werden kann (Integration von Schulzentren zu integrierten Schulen) wäre auch ohne ein neues Schulgesetz möglich gewesen. Es ist aber vor allem zu befürchten, dass die wenigen materiellen Mittel, die zur Verfügung stehen, nicht dem Ausbau des Elementar- und Primarbereiches und der besseren Ausstattung der zukünftigen Oberschulen, insbesondere in sozial benachteiligten Stadtteilen, zugute kommen, sondern in sinnlose Umorganisationen der Sekundarstufe II gesteckt werden. Das Ziel der Koalitionsvereinbarung, nämlich die sozialen Gegensätze in der Stadt u.a. durch die Schulpolitik abzumildern, wird durch dieses Gesetz verfehlt.

GEW-Landesvorstand kritisiert neues Schulgesetz und benennt Schwerpunkte der Schulentwicklung

Der Landesvorstand der GEW Bremen hat am 28.01.09 einstimmig seine Stellungnahme zum Entwurf des neuen Schulgesetzes verabschiedet. Nach Auffassung der GEW hat die rot/grüne Koalition die Chance einer vorwärts weisenden Schulreform im Lande Bremen vertan. Die Trennung der SchülerInnen nach der 4. Klasse wird nicht aufgehoben, sondern in die Zukunft verlängert.

In der Stadtgemeinde Bremen sollen ca. 20% der SchülerInnen für das Gymnasium ausgelesen werden. Damit wird die leistungsmäßige und soziale Durchmischung der künftigen Oberschulen erheblich eingeschränkt. Gleichzeitig wird die Gesamtschule, die bisher den Anspruch realisierte, Modell für die Integration aller SchülerInnen bis zur 10. Klasse zu sein, als eigenständige Schulform abgeschafft. Die einzige flächendeckend integrierte Schule bleibt die Grundschule. Ihre Arbeit wird jedoch durch die Aufgabe beeinträchtigt, in Zukunft die Auslese für das Gymnasium vorzubereiten.

Das 2-Säulen-Modell wird in die Sekundarstufe II verlängert. Neben den Gymnasien bekommen einige Oberschulen eigene Oberstufen. Dadurch werden Schulen ohne Oberstufe benachteiligt und Oberstufenzentren geschwächt.

Da die Probleme der Schulen bleiben, wird die GEW weiter am Konzept eines einheitlichen, demokratischen Bildungswesens arbeiten und hierfür Bündnispartner suchen. Zum anderen fordert die GEW konkrete Maßnahmen, die mehr Bildungsgerechtigkeit bewirken. Vordringlich sind der Ausbau von Fördermaßnahmen und Doppelbesetzungen in Kitas und Grundschulen, Gesamtschulstandards für die neuen Oberschulen mit niedrigeren Klassenfrequenzen, Ausbau von Fördermaßnahmen für Migrantenkinder, Unterstützung der Gymnasien für soziale Integration und Unterricht in leistungsgemischten Klassen (Binnendifferenzierung), Integration der SchülerInnen von Förderzentren an allen Schulen mit zusätzlichen LehrerInnen, bessere Ausstattung der Ganztagsschulen und der Schulen in sozialen Brennpunkten.

Um diese Maßnahmen durchzuführen, brauchen die Schulen mehr Personal. Der Stellenabbau ist zu beenden. Angesichts des bevorstehenden LehrerInnenmangels müssen Lehrkräfte für alle Schulstufen so früh wie möglich eingestellt werden. Wer durchgreifende Bildungsreformen will, wird um eine erhebliche Aufstockung des Bildungshaushalts nicht umhin kommen. Priorität bei Investitionen in das Bildungssystem müssen die Förderung im Elementar- und Primarbereich, die Schulentwicklung in der Sekundarstufe I, die Migrantenförderung und Behindertenintegration haben. Verzichtbar sind dagegen kostspielige Umorganisationen der Sekundarstufe II.