In den letzten Jahren – insbesondere nach dem sogenannten Pisa-Schock – sind diverse Verordnungen und Gesetzesnovellen erlassen worden, die zu einer Zunahme der Aufgaben von Lehrkräften neben der unterrichtlichen Tätigkeit geführt haben.
Hinter vielen dieser Regelungen steckt ein grundsätzliches Misstrauen uns Lehrkräften gegenüber: „Die machen ihre Arbeit nicht richtig, die bilden sich nicht fort, die wenden antiquierte Unterrichtsmethoden an, die rennen nach dem Unterricht sofort nach Hause und kooperieren nicht“.
Diese zusätzlichen Aufgaben und verbindlichen Arbeitszeiten sind hinzugekommen, ohne dass die Unterrichtsverpflichtung abgesenkt wurde. Das kann eigentlich nur bedeuten, dass die senatorische Behörde davon ausging, dass wir Lehrkräfte vor diesen Änderungen unsere Arbeitszeiten nicht ausgeschöpft haben – vermutlich waren wir auf dem Tennisplatz.
Ziel muss jetzt sein, die Aufgaben, die Lehrkräfte aktuell in den verschiedenen Schulformen haben, dahingehend zu prüfen, ob sie sich als zielführend im Sinne einer Verbesserung des Bildungserfolges erwiesen haben. Sollte dies nicht nachweisbar sein, wollen wir, dass diese Aufgaben wieder abgebaut werden, damit eine Rückbesinnung auf das eigentliche Kerngeschäft von Lehrkräften – nämlich das Unterrichten - erfolgen kann.
Attraktiv aber kostenlos
Angesichts des eklatanten Lehrkräftemangels wird in letzter Zeit, sowohl aus der Politik, als auch in der Bildungsbehörde, häufiger die Frage aufgeworfen, wie der Lehrer*innenberuf in Bremen attraktiver gestaltet werden kann. In gleichem Atemzug wird jedoch stets auf die Haushaltsnotlage Bremens hingewiesen – es darf natürlich nichts kosten.
Auch wenn es unverzichtbar ist, das Bildungssystem endlich ausreichend zu finanzieren, so gibt es doch auch einiges, das zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen direkt geändert oder abgeschafft werden kann – und zwar ohne Kosten zu verursachen.
Was sollte weg / geändert werden und ist dabei kostenneutral?
Die Regelungen für Teilzeitbeschäftigte müssen konkret und verbindlich sein, damit auch tatsächlich eine adäquate Entlastung eintritt.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss gewährleistet sein.
Die Fortbildungsverordnung kann ersatzlos gestrichen werden. Sie ist ohnehin nur ein Ausdruck von Misstrauen. Die Verantwortung für die Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen kann getrost wieder in die Verantwortung der Lehrkräfte gegeben werden. Wichtig ist, dass ein ausreichendes Fortbildungsangebot sichergestellt ist - auch für spezifische Bedarfe, wie es sie z. B. in den beruflichen Schulen gibt. Daran mangelt es oft.
Die Präsenzzeitenverordnung muss angepasst werden. Sie hat vielerorts zu starren Überregulierungen geführt. Lehrkräfte und pädagogisches Personal brauchen Freiräume, in denen eine lebendige Kooperation möglich ist.
Qualitätsmanagement sollte als das entlarvt werden, was es ist: überflüssige Augenwischerei. Es hat in über zehn Jahren weder in Deutschland noch in der Schweiz eine nachweisliche Auswirkung auf Unterricht gehabt. In Bremen ist es mit gleichem Ergebnis von der Behörde evaluiert worden. Ergo, kann es weg und darf in keinem Falle noch ausgeweitet werden auf die allgemeinbildenden Schulen.
Verpflichtendes Feedback, das dokumentiert werden muss. Alternativ sollte den Lehrkräften Zeit und Gelegenheit gegeben werden gegenseitig zu hospitieren und besser noch: wenigstens in einigen Stunden im Team zu unterrichten.
Kompolei und anderer Dokumentations-Wahnsinn: Obwohl es eine Vereinbarung mit der senatorischen Behörde gibt, dass Dokumentationsaufgaben zurückgefahren werden sollen, beobachten wir eher das Gegenteil. An Stelle von erhofften Erleichterungen gibt es zunehmend umfangreichere und schwer zu durchschauende Dokumentationspflichten.
Gleiches gilt für die Inflation von Vergleichstests und immer aufgeblähtere Prüfungen. Dadurch hat sich noch kein/e Schüler*in verbessert und es ergeben sich daraus offensichtlich auch keine validen Erkenntnisse über die Ursachen von geringem Bildungserfolg.