Aus der Geschichte lernen
Schon immer sind neue Entwicklungen argwöhnisch beäugt und mit negativen Begleiterscheinungen assoziiert worden: verdirbt die Augen oder die guten Sitten, führt zu Verdummung oder Gewalt, Kinder lernen nicht mehr lesen und schreiben. Comics waren heiß diskutiert, Mickey Mouse zwischen Verbot und Analyse im Deutschunterricht, der Beatclub zu wild, die Musikerhaare zu lang, Bonanza zu gewalttätig und selbst die Sesamstraße wurde in ihren Anfängen vor 40 Jahren von Bayrischen Erziehungswissenschaftlern angefeindet.
Und immer hat sich bald herausgestellt, dass es eine Frage des Wie und Wozu und der Begleitumstände ist und dass die neuen Möglichkeiten auch jede Menge Chancen bieten. Verweigerung hat in der Regel zu Stillstand und Ausschluss von Entwicklungen geführt. Verbote werden umgangen, sobald sich eine Gelegenheit bietet.
Computer in der Grundschule – na klar!
Mit Beginn der Computernutzung jenseits des Informatikunterrichts Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre galt zunächst weit verbreitet die Ansicht, dass Computer in der Grundschule nichts zu suchen haben. Das hat schon damals nicht alle überzeugt und gehört längst der Vergangenheit an. Nicht erst seit heute werden Erzieher_innen qualifiziert, um in Kitas mit den Kindern am Computer die Welt zu entdecken. Software on- und offline, die Spielen und Lernen verbindet und viele kreative Anwendungen bietet, fördert Lern- und Entwicklungschancen. Es muss hier wohl nicht betont werden, dass Erlebnisse ohne Computer und Internet keinesfalls vernachlässigt werden, dass Natur erleben, Spielen, Toben, Malen, Basteln mit Schere und Kleber usw. nicht durch digitale Erfahrungen zu ersetzen sind.
In den letzten Monaten steht die Verbreitung von Smartphones bei Jugendlichen im Focus – beginnend mit statistischen Angaben für 6jährige. Auch – bislang wenige - Grundschulkinder sind per Smartphone mit WhatsApp unterwegs, ganztags online und in Kontakt mit der Welt – die Reaktionen schwanken zwischen Ungläubigkeit („meine Kinder doch nicht“) oder Verbot einerseits und Überlegungen für Nutzungschancen zum sinnvollen Spielen und Lernen andererseits.
Was bedeutet es für Bildung und Erziehung, für Schule und Unterricht, wenn sich Kinder alleine, unbeaufsichtigt im Netz bewegen? Wie kann Schule Kinder stärken, die neuen Möglichkeiten zu nutzen und Risiken zu meiden?
Ein paar Zahlen
Inzwischen sind alle Grundschulen mit Computern (meistens nicht genügend und nicht flexibel genug) und entsprechender Software ausgestattet, die mehr oder weniger intensiv genutzt werden. Die außerschulische Nutzung digitaler Medien von Kindern und Jugendlichen liegt weit höher, wie verschiedene aktuelle Studien zeigen:
82 Prozent der 6- bis 13-Jährigen verfügen über Computererfahrungen. Bei den 10- bis 13-Jährigen sind es sogar 97 Prozent. Von den Sechs- bis Neunjährigen nutzt inzwischen rund die Hälfte das Internet (Quelle: "KidsVerbraucherAnalyse", Egmont Ehapa Verlag, bei ZDF heute.de 7.11.2014)
„Smartphone und Internet gehören für Kinder zum Alltag“ betitelt die BITKOM ihre Umfrageergebnisse ( BITKOM-Studie Jugend 3.0, 2014). Die Studie zeigt, dass sich kleinere Kinder dem Internet über die Mediennutzung nähern. Gut die Hälfte (56 Prozent) der sechs- bis siebenjährigen Internetnutzer spielt online. Fast genauso viele (55 Prozent) schauen Videos im Internet. Nach den Ergebnissen der Umfrage nutzen ein Fünftel der Sechs- bis Siebenjährigen Smartphones. Im Alter von 12 bis 13 Jahren gehören Smartphones mit einer Verbreitung von 85 Prozent zur Standardausstattung.