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Die Arbeitsbelastung von ErzieherInnen an Ganztagsschulen

Die GEW BERLIN hat die erste wissenschaftliche Studie über die Arbeitsbelastungen von ErzieherInnen an Ganztagsgrundschulen vorgelegt. Während es mittlerweile etliche Untersuchungen über die Arbeitsbelastungen von Kita-ErzieherInnen sowie Studien zu deren Arbeits- und Gesundheitsschutz gibt, lag bisher keine wissenschaftliche Arbeit über diese Beschäftigtengruppe vor.

Der Arbeitswissenschaftler Prof. Dr. Rudow hat in einer repräsentativen Erhebung 1.435 ErzieherInnen an Berliner Ganztagsgrundschulen über ihre Arbeitsbelastungen und deren Auswirkungen befragt. Das signifikant höhere Burnout-Risiko, die deutlich geringere Arbeitszufriedenheit als in anderen pädagogischen Berufen und die als gering empfundene Wertschätzung der Arbeit sind die beunruhigenden Kennzeichen der Arbeitssituation der ErzieherInnen an Berliner Grundschulen.

Die Studie liefert erstmals empirische Ergebnisse über das Belastungserleben der ErzieherInnen und zeigt dessen gesundheitliche Auswirkungen auf. Sie zeigt überdies, in welch engem Zusammenhang die strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Berliner Ganztagsgrundschulen
zu den körperlichen und psychischen Gesundheitsrisiken der ErzieherInnen stehen. Dabei erweisen sich folgende Punkte als besonders problematisch:

• Die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen. Es besteht ein gravierendes Missverhältnis zu den zu erledigenden Aufgaben und der Anzahl der zu betreuenden Kinder. Verstärkt wird dieses Missverhältnis dadurch, dass die ErzieherInnen in relevantem Ausmaß für Tätigkeiten eingesetzt werden, für die keine (oder bedeutend geringere) personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Das führt bei den ErzieherInnen zu Stress, Druck und damit verbunden zu erhöhten körperlichen und psychischen Risiken und Beschwerden.

• Die Entwicklungsziele für den Ganztag und die daraus resultierenden Aufgaben der ErzieherInnen haben im Schulalltag eine untergeordnete Bedeutung. Sie werden häufig überlagert von Aufgaben, die die ErzieherInnen zur Unterstützung des Unterrichts zu erbringen haben. Auch in der Ganztagsschule hat die formale Bildung (Unterricht) Vorrang vor der informellen Bildung (außerunterrichtlicher Bereich). Hier liegt eine wesentliche Ursache für die von vielen ErzieherInnen erlebte Gratifikationskrise (mit den damit verbundenen gesundheitsgefährdenden Auswirkungen).

• Es mangelt an Zeit. Das trifft für die Kooperation mit Lehrkräften genauso zu wie für die mittelbare pädagogische Arbeit (mpA). Die dafür erforderlichen Zeiten stehen nicht verbindlich und verlässlich zur Verfügung. Auch dies führt zu Stress, Druck und dem Gefühl, den personelgestellten und eigenen Anforderungen nicht genügen zu können (»Umsetzungsdilemma«).

• Die Raumsituation und die materielle Ausstattung verschärfen an vielen Schulen die Belastung. Zu kleine, zu wenige, schlecht ausgestattete Räume tragen zu gesundheitlichen Risiken bei. Besonders hervorzuheben ist ferner die Tatsache, dass vielfach Pausenräume fehlen.

• Ein wesentlicher, von den meisten ErzieherInnen benannter negativer Faktor ist die als unzureichend empfundene Wertschätzung und Anerkennung. Sie äußert sich in fast allen Punkten: Vorrang in der Schule hat fast immer der Unterricht. ErzieherInnen müssen Lehrkräfte vertreten, werden in hohem Maße zur Unterstützung für unterrichtsbegleitende Tätigkeiten eingesetzt – auch um den Preis, dass für den außerunterrichtlichen Bereich nicht ausreichend Personal zur Verfügung steht. Auch die Raumfrage wird zu Lasten des Ganztagsbetriebes geklärt: Fehlen Unterrichtsräume, werden Räume des Freizeitbereiches umgewandelt.

Die Ergebnisse der Studie sind Anlass, den Diskussionsprozess um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und den Gesundheitsschutz der ErzieherInnen zu beginnen – und damit auch einen Beitrag zur Verbesserung der pädagogischen Qualität der Ganztagsgrundschulen zu leisten.