Zusammen mit dem am 13.06.1947 gegründeten Bremerhavener Lehrerverein und dem Lehrerverein Bremen-Vegesack bildete der VBLL ab 1950 den Landesverband Bremen der GEW. Die Mitglieder sahen sich 1946 in der Nachfolge des 1884 gegründeten Bremischen Lehrervereins, der 1933 zwangsweise in den Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) überführt worden war, und des Vereins Bremer Lehrerinnen von 1889, der ebenfalls 1933 aufgelöst wurde.
Die Tradition der autonom organisierten berufsbezogenen Zusammenschlüsse von Pädagoginnen und Pädagogen reicht in Bremen weit zurück: Der erste Verein wurde 1826 gegründet. Die 190jährige Entwicklung vom Lehrerverein zur Gewerkschaft soll beginnend mit diesem Heft in einer Reihe von Artikeln beleuchtet werden.
Der „Kleine Lehrerverein" von 1826
Gesellschaft und Schule im frühen 19. Jahrhundert
Bremen im Jahre 1826: Eine alte Reichs- und Handelsstadt mit ca. 36000 Einwohnern. Der Handel hatte unter der französischen Besetzung und der Kontinentalsperre Napoleons bis 1814 sehr gelitten und erholte sich erst langsam. Die überall in Deutschland gehegte Hoffnung auf Reformen nach den Befreiungskriegen hatte sich auch in Bremen nicht erfüllt. Der Senat und der Bürgerkonvent waren vom reichen Bürgertum und den Gelehrten (meist Juristen) besetzt. Einfluss hatten auch die Pastoren der reformierten Kirchengemeinden. Der größte Teil der Bevölkerung hatte dagegen keinerlei Mitbestimmung über die Angelegenheiten der Stadt, etwa ein Drittel hatte noch nicht einmal das Bürgerrecht.
Das Erlangen von Bildung war überwiegend Privatsache. Der Staat unterhielt lediglich das Gymnasium, das aus der 1528 gegründeten städtischen Lateinschule hervorgegangen war. Der wichtigste Schulträger war die Kirche. Sie betrieb acht schulgeldpflichtige Kirchspielschulen sowie fünf Freischulen und zwei Waisenhäuser für die Stadtarmut. Daneben existierten über 80 Privatschulen von höchst unterschiedlicher Qualität, angefangen von den Klippschulen, in denen die Mehrheit der Kinder das Lesen und Schreiben lernte, bis hin zu Instituten, die auf die kaufmännische Berufstätigkeit vorbereiteten.
Die Lage der Lehrkräfte
Die Lage der Lehrkräfte war äußerst prekär:
- Nur die kleine Gruppe der akademisch gebildeten Lehrer des Gymnasiums (ab 1817 mit dem Lyceum des Dombezirk zur „Hauptschule" zusammengelegt) gehörte dem Bürgertum an.
- Die Oberlehrer der Kirchspielschulen (die zum Teil eine geistliche Ausbildung hatten) und die Betreiber von Privatschulen für das Bürgertum waren der Mittelschicht zuzurechnen.
- Geringe, aber doch relativ stabile Einkünfte hatten die Unterlehrer der Kirchspielschulen, die Lehrer der Freischulen und Waisenhäuser und die der Privatschulen für ältere SchülerInnen. Ihr Einkommen schwankte je nach SchülerInnenzahl, da sie zum Teil oder ganz vom Schulgeld abhängig waren.
- Am schlechtesten waren die Lehrkräfte der Klippschulen (zumeist Frauen) gestellt. Sie lebten von geringem Schulgeld und gehörten eindeutig zur Unterschicht.
Insgesamt dürfte es in der Stadt gut 200 Lehrkräfte gegeben haben. Hinzu kamen die Lehrer der Landschulen, die jeweils von den Kirchengemeinden der bremischen Dörfer angestellt waren.
Eine reguläre Lehrerausbildung gab es nicht. Das 1810 gegründete private Lehrerseminar, das 1821 vom Staat übernommen wurde, war lediglich eine Abendschule für bereits tätige Unterlehrer. Die ersten staatlich angestellten Lehrer an niederen Schulen gab es erst ab 1823, als die Stadt die kirchlichen Armenanstalten übernahm und acht Freischullehrer einstellte.