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100. Internationaler Frauentag in Bremen

Am 19. März 1911 vor nunmehr einhundert Jahren veranstalteten die SPD-Frauen in Bremen, wie in fast allen Städten Deutschlands und Österreichs ihren „ersten sozialdemokratischen Frauentag“. SPD und Gewerkschaften hatten die „arbeitenden Frauen und Mädchen“ aufgerufen „zum Kampf um das Frauenwahlrecht“. Fast 3.000 Frauen nahmen an den Versammlungen in Bremen teil. Und die Polizei registrierte, dass außerdem „300 Frauenspersonen“ aus ihrem Arbeiterviertel heraus marschierten und singend „nach dem Rathaus“ zogen, „wobei die Weiber […] wiederholt ein Hoch auf das allgemeine Frauenstimmrecht ausbrachten“. Das war der Auftakt für die hundertjährige Geschichte des Frauentages in Bremen.

Allerdings stellten die Sozialdemokratinnen dann sehr schnell fest, dass sich die zumeist männlich besetzten Leitungen in Partei und Gewerkschaften energisch der Forderung widersetzten, den Frauentag jährlich zu veranstalten. Die Zustimmung musste bis 1914 dem Parteivorstand Jahr für Jahr abgerungen werden. Dagegen wurden die Bremerinnen aktiv von ihrer Parteiführung unterstützt. Im März 1914 konnten sie ihre Erfolge feiern. Diesmal folgten ihrem Aufruf zur Demonstration 5.000 Frauen und am Ende der Werbewoche zum Frauentag hatten sie 574 neue weibliche Mitglieder geworben.

Dann aber kam der 2. Weltkrieg und mit ihm die große politische Wende. Am 12. November 1918 schien es so, als könnte der Frauentag aufhören zu existieren. Die provisorische Reichsregierung verkündete das freie, geheime aktive und passive Wahlrecht für Männer und Frauen. Damit war die Forderung des Internationalen Frauentages erfüllt. Doch die Frauen sahen ihren Tag nicht als erledigt an, denn jetzt galt es den Kampf gegen die miserablen Arbeits- und Lebensverhältnisse und für eine von Ausbeutung und Unterdrückung freie Gesellschaft zu führen.
Dabei waren die Frauen nach der Parteispaltung in unterschiedlichen Parteien organisiert und die Frauentage spiegelten die gesellschaftlichen Vorstellungen der kommunistischen oder sozialdemokratischen Bewegung wider. So wurden in den zwanziger Jahren zwei Frauentage getrennt gefeiert. Selbst als die Bedrohung durch die Nationalsozialisten wuchs, blieb es dabei.
Als schließlich 1933 die Nationalsozialisten die Macht übernahmen wurde auch der Internationale Frauentag verboten. Zum frauenpolitischen Mittelpunkt in der NS-Zeit wurde der Muttertag erklärt. Den Internationalen Frauentag nahmen die verfolgten Kommunistinnen und Sozialdemokratinnen mit in die Illegalität, in die Zuchthäuser und Konzentrationslagen. Er wurde zum Symbol des Widerstandes gegen die Naziherrschaft.

1945 nahmen die Sozialdemokratinnen und die Kommunistinnen auch in Bremen ihre politische Arbeit wieder auf und organisierten in Bremen wieder getrennt voneinander Internationale Frauentage. Im Mittelpunkt bei beiden Frauenorganisationen standen die Forderungen nach Frieden und der Widervereinigung Deutschlands. Doch der Kalte Krieg, der die Spaltung Deutschlands in zwei sich feindlich gegenüber stehende Teilstaaten mit sich brachte, führte dazu, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Frauenorganisationen unmöglich wurde. Nach dem Verbot der KPD 1956 und dem Wandel der SPD zur Volkspartei verschwand der Frauentag ab 1966 auch in Bremen aus dem politischen Veranstaltungskalender.
Erst mit Beginn des Protests von Studentinnen gegen patriarchale Bevormundung, mit dem Aufbegehren von Frauen in den Gewerkschaften gegen mangelnde Berücksichtigung ihrer Anliegen in den eigenen Reihen, rückte der Frauentag wieder ins Blickfeld. 1977 wurde er offiziell in den UNO-Kalender der „jährlich zu begehenden, bedeutenden Tage“ aufgenommen und er ist sogar in vielen Ländern der Welt gesetzlicher Feiertag.
Als Demonstrationstag für Frauenrechte bekam der Internationale Frauentag seit Anfang der 1980er Jahre neue Bedeutung. Ab 1981 gingen organisierten die Gewerkschaftsfrauen wieder Demonstrationen und Kundgebungen und am abschließenden Frauenfest nahmen verschiedene Bremer Frauengruppen, Frauen autonomer Projekte, Kommunistinnen und Friedensfrauen teil.
Ab 1986 organisierten zusammen mit den Gewerkschafterinnen, die ZGF und die Bremer Frauenrunde die Aktionen zum 8. März. Der Internationale Frauentag wurde zu einem offenen politischen Forum der Bremer Frauenbewegung. Am 7.März 1987 zogen die Frauen „mit lila Luftballons, Hut und weißer Schleppe“ durch die Stadt und demonstrierten für mehr Rechte und Frieden. Einen Tag danach besetzten sie das gesamte DGB-Haus für ein großes Kulturfest. 1994 zum Frauenstreiktag bekam Bremen ein weibliches Gesicht, der Roland einen lila Rock und der Marktplatz mitsamt Rolanda hieß „Hedwig Dohm Platz“.
Den 8. März 2008 feierten die Frauen als besonderen Höhepunkt. Der Bremer Frauenbewegung stand an diesen Tag das ganze Rathaus zur Verfügung. Fortschritt mit Rückblick war der Leitspruch des Tages. Die Akteurinnen begannen den Dialog zwischen den Generationen. Denn es gilt die jungen Frauen, die Gruppen der Migrantinnen mit den Ideen des 8. März bekannt zu machen und sie für das Projekt zu gewinnen. Denn die alten und neuen Aufgaben um die Durchsetzung gleicher BürgerInnenrechte, um existenzsichernde Arbeit für Frauen, der Kampf gegen Armut und Ungleichheit und gegen sexuelle Gewalt in jeder Form kann nur mit der Beteiligung der nächsten Generation der Frauen weitergeführt werden.

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
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