Teilerfolge nach der Novemberrevolution
Programmatische Ziele des Bremischen Lehrervereins waren vor dem Krieg die „Einheitsschule“, die „unentgeltliche Schule“, die „weltliche Schule“ und die „Arbeitsschule“ gewesen. Die Gesetzgebung nach 1918 machte gegenüber diesen Forderungen einige Zugeständnisse. Im Einklang mit der neuen Reichsverfassung wurden die privaten Vorschulen des Gymnasiums abgeschafft und es entstand die gemeinsame vierjährige Grundschule. Der BLV hatte sechs gemeinsame Jahre gefordert. Das Schulgeld für die „entgeltlichen Volksschulen“ wurde abgeschafft. Dagegen blieb die Trennung gegenüber den schulgeldpflichtigen höheren Schulen erhalten. Auf Initiative eines Kreises von reformpädagogischen BLV-Mitgliedern unter Leitung von H. Scharrelmann wurde eine „Versuchsschule“ an der Schleswiger Straße eingerichtet, in der die Prinzipien der Arbeitsschule erprobt werden sollten.
Unterrichtsreformen
Da in vielen Volksschulen noch Unterrichtsmethoden aus der Kaiserzeit vorherrschten, gab es für die Arbeitsgemeinschaften im BLV viele Aufgaben. Eine der vordringlichsten war die Reform des Unterrichts in der Grundschule. So wurde eine erfolgreiche Kampagne zur Übernahme der Gansberg-Fibel gestartet, die der im letzten Jahrhundert konzipierten „Fibel der Bücherkommission“ weit überlegen war, da sie auf einer Methoden-Integration basierte und durch ihren Großstadtbezug die Phantasie der Kinder anregte. Die Arbeitsgemeinschaft für Schreiben entwickelte Alternativen zur deutschen Schreibschrift. A. Gerlach propagierte in der BLZ einen neuen elementaren Rechenunterricht. 1926 kam ein neuer Grundschul-Lehrplan heraus, der auf Initiativen aus dem BLV fußte.
Die Geschichts-Arbeitsgemeinschaft unter Leitung von F. Walburg brachte die umfangreiche Heftreihe „Geschichte in Erzählungen“ heraus, die als Alternative zur kaiserzeitlichen Aufzählung von Herrschernamen und Schlachten wirken sollte.
Viele Debatten gab es über den Religionsunterricht, da die Abschaffung durch den Arbeiter- und Soldatenrat im November 1920 durch eine Entscheidung des Reichsgerichts kassiert wurde. Immerhin wurde den Lehrkräften fortan freigestellt, das Fach zu unterrichten. Auch SchülerInnen konnten sich abmelden. Die von Anhängern des Göttinger Philosophen L. Nelson vertretene Forderung nach einem Boykott konnte sich nicht durchsetzen. Fortan wurde der Religionsunterricht als nicht konfessionell gebundener Unterricht in biblischer Geschichte erteilt. Nach 1945 wurde diese Regelung als „Bremer Klausel“ in das Grundgesetz übernommen.
Die Rolle der Versuchsschulen
Die mit hohem Einsatz aufgebaute Versuchsschule an der Schleswiger Straße spaltete sich aufgrund pädagogischer Differenzen und des autoritären Leitungsstils von H. Scharrelmann. Es entstanden zwei weitere Versuchsschulen an der Helgolander und Stader Straße. An diesen beiden Standorten, an denen auch Kinder aus anderen Schulbezirken angemeldet werden konnten, wurden exemplarisch neue Formen des Unterrichts und des Schullebens entwickelt. Es gab Projektunterricht, Lehrberichte statt Noten, Schulzeitungen und Aufenthalte in den neuen, mit Elternhilfe aufgebauten Landheimen in Ristedt und Cluvenhagen. Hier wurden zukunftsweisende Konzepte entwickelt, an die nach dem zweiten Weltkrieg angeknüpft werden konnte. Trotzdem gab es zuweilen im BLV Debatten über eine zu starke Konzentration auf einige wenige Schulen und es wurden mehr Reforminitiativen in der Breite für alle Schulen gefordert.